Radikalislamische Sekte bekennt sich 160 Tote bei Terror in Nigeria
21.01.2012, 19:16 Uhr
Einer von mehreren Schauplätzen der Anschlagsserie.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Opferzahl steigt immer weiter: Mittlerweile zählen die Behörden mehr als 160 Tote, die bei mehreren Anschlägen in Nigeria sterben. Darunter sind Polizisten, Sicherheitskräfte, Häftlinge und andere Zivilisten. Die radikale Islamistengruppe Boko Haram bekennt sich zu den Taten - als Rache, weil Mitglieder der Sekte nicht freigelassen werden. Die Lage bleibt explosiv.
Die radikalislamische Sekte Boko Haram hat sich zu einer Anschlagsserie in der Stadt Kano im Norden Nigerias bekannt. Mehr als 160 Menschen waren am Freitag getötet worden, als Bomben vor Polizeistationen hochgingen. Die Angriffe seien eine Vergeltung dafür, dass die Regierung sich geweigert habe, inhaftierte Mitglieder von Boko Haram freizulassen, sagte ein Sprecher der Bewegung der Zeitung "Daily Trust".
Es waren die bislang blutigsten Anschläge der Sekte. Bei den Opfern handele es sich um Polizisten, andere Sicherheitskräfte, Häftlinge in den angegriffenen Polizeistationen sowie Zivilisten, sagte ein Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden in Kano. Ein BBC-Reporter berichtete, er habe allein im größten Krankenhaus der Stadt 150 Leichen gezählt. Die Behörden hatten zunächst nur zehn Tote bestätigt.
Ziele der koordinierten Anschlagsserie am Freitagnachmittag waren das Polizeihauptquartier sowie drei weitere Polizeistationen in der zweitgrößten Stadt Nigerias. Die Behörden verhängten am Freitagabend eine 24-stündige Ausgangssperre über die Millionenstadt. Am Samstagmorgen waren Schüsse zu hören. Ein Journalist war am Freitag bei Interviews mit Augenzeugen der Anschläge von einem Heckenschützen getötet worden.
Bereits in den vergangenen Wochen waren bei mehreren Anschlägen Dutzende Menschen getötet worden. Die meisten Angriffe richteten sich gegen Christen im Norden Nigerias. Dieser Landesteil wird mehrheitlich von Muslimen bewohnt, während im Süden die Christen in der Mehrheit sind.
Angriffe auf Christen und staatliche Stellen
Bundesaußenminister Guido Westerwelle verurteilte die Anschläge. "Die blutigen Angriffe auf Christen und staatliche Stellen sind eine große Gefahr für den inneren Frieden im Vielvölkerstaat Nigeria", heißt es in einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes in Berlin. Extremistischen Gruppen wie Boko Haram müsse "so schnell wie möglich das Handwerk gelegt werden".
Nigeria leidet seit langem unter dem Terror der Islamisten, die ihre Basis im Norden des bevölkerungsreichsten Staates in Afrika haben. In den Weihnachtstagen und Anfang Januar waren bei Bombenanschlägen und Überfällen auf christliche Kirchen Dutzende von Menschen getötet und viele andere verletzt worden. Nigerias Präsident Goodluck Jonathan hatte vorübergehend den Ausnahmezustand über vier Regionen verhängt und die Grenzen zu Nachbarländern schließen lassen.
Vor drei Wochen hatten die Islamisten den Christen im Norden Nigerias ein Ultimatum gestellt. Sie sollten innerhalb von drei Tagen die Region verlassen. Die Boko Haram lehnt jeden westlichen Lebensstil und das Christentum strikt ab. Mindestens 10.000 Christen waren nach Angaben des Roten Kreuzes aus dem Norden geflohen. In den vergangenen Wochen wurde Nigeria auch durch gewalttätige Proteste und einen Generalstreik in vielen Teilen des Landes gegen die Erhöhung der Benzinpreise erschüttert.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa