Politik

Liebesszenen aus Hamburg 95,5 Prozent für Beck

Die SPD will sich mit einem schärferen sozialen Profil in der großen Koalition klarer von der Union abgrenzen. Der SPD-Parteitag in Hamburg stärkte dafür mit einem klaren Vertrauensbeweis die Position von Parteichef Kurt Beck. Der 58- Jährige kündigte vor den rund 500 Delegierten an, er wolle weitere Korrekturen an den Arbeitsmarkt- und Sozialreformen der vergangenen Jahre durchsetzen. Notwendig sei ein Nachjustieren an "einer Reihe von Stellen", bei denen es "um das Selbstwertgefühl der Menschen" gehe.

Ohne Aussprache billigte die SPD das Konzept für eine längere Zahlung von Arbeitslosengeld I an Ältere. Beck und Vizekanzler Franz Müntefering hatten sich deswegen einen wochenlangen Streit geliefert. Der Arbeitsminister ergriff dazu in Hamburg nicht mehr das Wort.

Die CDU ging auf Distanz zum Koalitionspartner. Kanzlerin Angela Merkel, die Beck zur Wahl gratulierte, warf der SPD bei einer Regionalkonferenz ihrer Partei eine Rückbesinnung auf den Sozialismus vor. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hielt Beck vor, er wärme die sozialdemokratische Seele mit einem programmatischen Ruck nach links.

Ergebnis verbessert

Mit 95,5 Prozent Zustimmung konnte Beck sein Ergebnis gegenüber der Erstwahl im Mai 2006 (95,07 Prozent) leicht verbessern. Von Becks jetzt drei Stellvertretern bekam Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit 85,5 Prozent das beste Ergebnis. Finanzminister Peer Steinbrück wurde mit unerwartet guten 75,4 Prozent als Vize bestätigt. Die Parteilinke Andrea Nahles, die erstmals kandidierte, kam auf 74,8 Prozent. Auf Wunsch von Beck war die engste Führung von fünf Stellvertretern auf drei verkleinert worden.


Sein Ergebnis deutlich verbessern konnte Generalsekretär Hubertus Heil. Der 34-Jährige kam auf 80,9 Prozent (2005: 61,7). Mit 87,6 Prozent wurde die Finanz-Staatssekretärin Barbara Hendricks zur neuen Schatzmeisterin gewählt.

Tiefensee abgewatscht

Bei den Wahlen für die 39 Beisitzer zum Vorstand erzielte die hessische Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Andrea Ypsilanti, mit 444 Stimmen das beste Ergebnis. Umweltminister Sigmar Gabriel schaffte erstmals den Einzug. Erst im zweiten Wahlgang wurden Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und der ebenfalls aus dem Osten stammende bisherige Parteivize Jens Bullerjahn gewählt.

Als Beispiel für weitere notwendige Reform-Änderungen nannte der SPD-Chef die Rente mit 67 für Arbeitnehmer mit schwerer Berufsbelastung wie Dachdecker. Merkel sagte dagegen, die CDU halte an der Rente mit 67 fest. Beck will auch eine Erhöhung der Hartz-IV- Sätze prüfen lassen. "Vorsichtig und ohne rückwärts zu gehen müssen wir die Bereitschaft haben, da nachzutarieren."

Standing Ovations für Schröder

Auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der wie sein SPD-Vorgänger Helmut Schmidt am Kongressauftakt teilnahm und von den Delegierten mit Standing Ovations bedacht wurde, bezeichnete Änderungen mit Augenmaß an den Reformgesetzen als möglich. Die "Agenda 2010" sei "ein Instrument, sie ist nicht das Ziel", sagte er vor den Delegierten. Die Grundprinzipien dürften aber nicht in Frage gestellt werden.

Beck warf der Union "Wankelmütigkeit und Unstetigkeit" vor. Noch immer seien ihre "neoliberalen" Parteitagsbeschlüsse unverändert gültig. "Herzstück der Unionspolitik ist: Man muss den Menschen nur Druck machen, man muss ihnen nur mehr wegnehmen." Wenn die CDU heute "einen verbalen Schwenk" in Richtung SPD vollziehe, so zeige dies, dass die Forderungen und Ziele der Sozialdemokraten richtig seien.

Quelle: ntv.de

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