"Ich muss mich jetzt outen" AfD-Überläufer verhöhnt Piraten
10.05.2013, 18:41 Uhr
Ein Balken vor den Augen sichert diesem Piraten die Anonymität. Ob er sich für die Querelen in seiner Partei schämt?
(Foto: dpa)
Die Piraten wählen auf ihrem Parteitag in Neumarkt Katharina Nocun zur neuen politischen Geschäftsführerin. Doch zuvor kommt es zu einem Eklat: Ausgerechnet einer ihrer Mitbewerber für den Posten erklärt vor hunderten Delegierten seinen Wechsel zu den Eurokritikern der AfD.
Dabei fing alles so versöhnlich an: Der frühere politische Geschäftsführer der Piraten, Johannes Ponader, trat zum Auftakt des Parteitags in Neumarkt in der Oberpfalz von seinem Posten zurück und zeigte Reue. Doch kaum stand die Wahl seines Nachfolgers an, steuerte die Partei auf eine neue Stufe der Selbstzerfleischung zu.
Ausgerechnet einer der Kandidaten für das Amt gab in seiner vermeintlichen Bewerbungsrede bekannt, dass er zur Euro-kritischen Alternative für Deutschland (AfD) gewechselt ist. Unvermittelt sagte der 36-jährige Christian Jacken, er müsse sich jetzt "outen": Er sei Mitglied der AfD geworden. Er habe diesen Schritt getan, "um dieses Euro-Betrugssystem zu beenden".
Jacken, aktiv bei den Piraten seit 2006, war schon bei der Gründungsveranstaltung der AfD im April in Berlin vor Ort, damals noch als Mitglied der Piratenpartei. Mit seinem Übertritt rechnete offenbar trotzdem niemand. Sein Bekenntnis sorgte in Neumarkt für Empörung. Um ihre Ablehnung zu demonstrieren, standen viele auf und schwenkten wütend die lilafarbenen Nein-Karten, die bei Abstimmungen zum Einsatz kommen.
Jackens Wahl zum politischen Geschäftsführer wurde damit hinfällig. Am Ende setzte sich die 26-jährige Katharina Nocun gegen ihre vier Mitbewerber durch. Die rund 700 Teilnehmer des Parteitags wählten die Online-Redakteurin und Wirtschaftsinformatik-Studentin aus Osnabrück mit 81,7 Prozent der Stimmen. Als Beisitzer rücken Andi Popp und Christophe Chan Hin nach.
Ponader hatte Tränen in den Augen
Am Nachmittag war der frühere Geschäftsführer Ponader mit einem emotionalen Auftritt von seinem Amt zurückgetreten. "Ich gebe heute das Amt, dass ich gut zwölf Monate ausgefüllt habe, an euch, an den Parteitag zurück", sagte der 36-Jährige. Er hatte Tränen in den Augen. Ponader kündigte an, in der Partei als "Basispirat" weiter aktiv zu sein. "Wer bei den Piraten ein Vorstandsamt aufgibt, der tritt nicht zurück, der tritt vor."
Ponader räumte in seiner Rede Fehler ein. "Wo ich etwas falsch gemacht habe in diesem Jahr, möchte ich euch um Entschuldigung bitten." Er bekräftigte seine Ansicht, dass der Vorstand der Piraten keine Entscheidung treffen dürfe, "ohne sich vorher euer Einverständnis einzuholen." Er ermahnte die Basis, darauf zu achten, dass in der Partei nicht "irgendwo andere Hierarchien eingezogen werden".
Ponader hatte mit Parteichef Bernd Schlömer immer wieder über den richtigen Kurs für die Bundestagswahl gestritten. Thematische Alleingänge sorgten auch an der Basis für Kritik. Ponader, dem von der Parteitagsleitung Blumen überreicht wurden, wünschte seinem Nachfolger zum Abschied "Solidarität von allen Piraten".
Quelle: ntv.de, AFP