Rege Wahlbeteiligung Afghanen trotzen Taliban-Drohungen
06.04.2014, 02:03 Uhr
Lange Schlange vor einem Kabuler Wahllokal.
(Foto: AP)
Trotz der von den Taliban angedrohten Anschläge gehen Millionen Afghanen zur Wahl eines neuen Staatschefs. US-Präsident Obama würdigt die Abstimmung als Meilenstein. Das amtliche Endergebnis gibt es am 14. Mai.
Millionen Afghanen sind trotz der Drohungen der radikal-islamischen Taliban zur Wahl eines neuen Präsidenten in die Wahllokale gegangen. Nach Schätzungen der Wahlkommission (IEC) beteiligten sich am Samstag rund sieben Millionen der mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten an der historischen Abstimmung, mit der sie den Weg für die erste demokratische Machtübergabe in der Geschichte des Landes freimachten.
Die von den Taliban angedrohten Anschläge blieben weitgehend aus. US-Präsident Barack Obama würdigte die Wahl in Afghanistan als "wichtigen Meilenstein" auf dem Weg des Landes in eine demokratische und eigenverantwortliche Zukunft. Er gratulierte den Wählern, die "enthusiastisch" an der historischen Abstimmung teilgenommen hätten. "Diese Wahl ist entscheidend, um Afghanistans demokratische Zukunft und die fortlaufende internationale Unterstützung zu sichern", betonte Obama. Die USA würden mit der neuen Regierung in Kabul weiter "auf der Basis gegenseitigen Respekts und Verantwortlichkeit" zusammenarbeiten.
Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen gratulierte zu einer Wahl mit "beeindruckender Beteiligung". "Jede Stimme zählt, und jede Stimme ist eine Stimme für die Demokratie", sagte er in einer Erklärung. "Dies war wahrlich eine von Afghanen geleitete und von Afghanen gesicherte Wahl für die Zukunft der Afghanen."
Amtliches Endergebnis erst Mitte Mai
Nach der Wahl hat nun die offizielle Auszählung der Stimmen begonnen. Erste vorläufige Teilergebnisse der Wahlkommission in Kabul werden Mitte der Woche erwartet. Das amtliche Endergebnis will die IEC am 14. Mai verkünden. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen.
Der scheidende Präsident Hamid Karsai regiert seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Er durfte nach der Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Acht Kandidaten bewerben sich um seine Nachfolge. Als Favoriten gelten die früheren Außenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassul sowie Ex-Finanzminister Ashraf Ghani.
Zwei Kandidaten beklagten nach der Abstimmung Unregelmäßigkeiten und Betrugsversuche. Ghani sagte, Beobachter seiner Partei könnten "klare Betrügereien" in einigen Wahllokalen bezeugen. Ein verfälschtes Wahlergebnis sei unakzeptabel.
Oppositionsführer Abdullah Abdullah wiederum sagte, Anhänger seiner Partei hätten mehrere Beschwerden eingereicht. So seien in einigen Regionen Beobachter seiner Partei von Regierungskräften behindert worden. Zudem hätten Zehntausende oder gar Hunderttausende Wähler wegen fehlender Stimmzettel gar nicht abstimmen können.
Ruhe in der Hauptstadt
Vereinzelt kam es zu tödlichen Zwischenfällen am Wahltag. Die von den Taliban angedrohte Welle von Anschlägen auf Wahllokale blieb aber aus. Bei einem Selbstmordanschlag in Chost starb nur der Attentäter. In Ghasni wurde ein Selbstmordattentäter von Polizisten erschossen.
In der Hauptstadt Kabul - wo spektakuläre Anschläge befürchtet worden waren - blieb es ruhig. Zur Wahl waren die 352 000 afghanischen Sicherheitskräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden.
Die Wahl ist die letzte, bevor der Kampfeinsatz der Nato-geführten Schutztruppe Isaf in Afghanistan zum Jahresende ausläuft. Alle drei Favoriten haben angekündigt, im Falle eines Sieges das Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen, das Voraussetzung für einen kleineren Nato-Einsatz zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte von 2015 an ist. Karsai hatte die Unterschrift trotz Appellen aus dem In- und Ausland verweigert.
Quelle: ntv.de, wne/dpa