Politik

Vor 50 Jahren wurde die erste Ministerin vereidigt Als das Kabinett weiblich wurde

Elisabeth Schwarzhaupt während der Debatte über die "Spiegel"-Affäre im Bundestag am 8. November 1962. Ganz links Franz-Josef Strauss.

Elisabeth Schwarzhaupt während der Debatte über die "Spiegel"-Affäre im Bundestag am 8. November 1962. Ganz links Franz-Josef Strauss.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

"Was sollen wir mit einer Frau im Kabinett?" fragte der greise Kanzler Adenauer. Doch am 14. November 1961 saß Elisabeth Schwarzhaupt in der Ministerrunde. Weil sie weder verheiratet noch trinkfest war, wurde eigens das Gesundheitsressort für sie geschaffen. Sie leistete gute Arbeit und wurde zur Wegbereiterin für Angela Merkel.

Bis zuletzt leistete der Kanzler hartnäckig Widerstand. "Was sollen wir mit einer Frau im Kabinett? Da können wir nicht mehr so offen reden", zeigte sich Konrad Adenauer wenig erbaut. Doch diesmal setzten CDU-Frauen dem Patriarchen aus Rhöndorf die Pistole auf die Brust.

Ein Trupp marschierte aus dem "Damenruheraum" des Bonner Bundestags zum Kanzleramt schräg gegenüber und versammelte sich vor dem Kabinettsaal zu einer Art Sitzblockade. "Wir sind entschlossen, hier nicht eher wegzugehen, bis wir eine Ministerin haben", drohte die 80-jährige Abgeordnete Helene Weber dem Kanzler.

"Morjen, meine Herren"

Mit der CDU-Abgeordneten Elisabeth Schwarzhaupt wurde vor 50 Jahren (14. November 1961) erstmals eine Frau als Ministerin im Bundestag vereidigt. Dass er von dieser Personalie nur wenig hielt, ließ der CDU-Kanzler seine Parteifreundin immer wieder spüren. Die Kabinettssitzungen eröffnete er wie bisher mit den Worten: "Morjen, meine Herren". Als sich die Debütantin dagegen verwahrte, wies Adenauer sie mit den Worten zurecht: "In diesem Kreis sind auch Sie ein Herr."

Schwarzhaupt prägte das Gesundheitsministerium.

Schwarzhaupt prägte das Gesundheitsministerium.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht ganz einfach verlief die Suche nach einem passenden Haus für die Oberkirchenrätin aus Hessen. Der Einzug ins Familienministerium scheiterte unter anderem daran, dass die promovierte Juristin nicht verheiratet war. Die ebenfalls diskutierte Berufung zur Bundesratsministerin wurde mit dem Argument verworfen, dafür fehle Frauen wegen vieler Abendtermine die notwendige Trinkfestigkeit.

Schließlich einigte man sich auf ein Neukonstrukt. Elisabeth Schwarzhaupt zog in das eigens geschaffene Gesundheitsressort ein, dessen Zuständigkeit bis dahin unter anderem im Atomministerium lag. Fünf Jahre lang sorgte Schwarzhaupt mit viel Durchsetzungskraft für wichtige Anstöße. So geht das Bundesseuchen- und das Arzneimittelgesetz auf sie zurück. Als erste Vorsitzende des Deutschen Frauenrats kämpfte die 1986 gestorbene Politikerin weiter für weibliche Interessen.

Kohl und sein "Mädchen"

Nach Schwarzhaupts Ausscheiden herrschte wieder Frauenmangel am Kabinettstisch. Auch die SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt holten sich eher sporadisch weibliche Unterstützung. Helmut Kohl hatte ab 1985 zunächst zwei, nach der deutschen Einheit zeitweise sogar vier Ministerinnen, darunter sein "Mädchen" Angela Merkel. Gerhard Schröders Mannschaft startete nach dem rot-grünen Wahlsieg 1998 mit fünf Frauen. Später waren es zeitweise sogar sechs. Unter Merkel als der ersten Regierungschefin der Republik sitzen derzeit fünf Frauen im Kabinett.

Unter dem Strich bleibt es aber trotzdem bei einem deutlichen Ungleichgewicht. Seit 1949 wurden insgesamt gut 170 Männer (oft auf wechselnden Posten) in ein Ministeramt befördert. Bei den Frauen waren es bislang lediglich 31.

Deutschland hat Nachholbedarf

Die für Frauen zuständige Ministerin Kristina Schröder kann dem leichten Aufholtrend in jüngster Zeit Positives abgewinnen. "Heute werden die Regierungsspitzen nicht mehr gefragt, warum sie Frauen ins Kabinett holen. Sie müssen sich eher umgekehrt fragen lassen, warum sie nicht mehr Frauen in Ministerämter holen. Das ist eine gute Entwicklung", sagt die CDU-Politikerin.

Allerdings gibt es noch viel Nachholbedarf. Mit einer Ausnahme werden Frauen in der Bundespolitik bislang mit der Leitung von eher "weichen" Ministerien wie Gesundheit, Familie oder Justiz abgefunden. Mit Übernahme des Arbeitsministeriums brach Ursula von der Leyen (CDU) erstmals in eine Männerdomäne ein. In "klassischen" Ministerien wie Außen, Verteidigung oder Wirtschaft und Finanzen kamen Frauen dagegen bislang nicht zum Zuge.

Andere sind da schon erheblich weiter. In Frankreich oder Spanien sind ebenso wie in Skandinavien weibliche Verteidigungs- oder Finanzminister fast schon Normalfall. In den USA standen schon drei Frauen dem Außenministerium vor. Und selbst im islamisch-konservativen Pakistan gibt es seit kurzem mit Hina Rabbani Khar eine junge Chefdiplomatin. In Berlin ist dies so bald wohl kaum zu erwarten.

Quelle: ntv.de, Joachim Schucht, dpa

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