Anwälte legen Berufung ein Assange darf ausgeliefert werden
24.02.2011, 16:37 Uhr
Assange wird vorerst weiter in Großbritannien bleiben.
(Foto: dpa)
Ein britisches Gericht stimmt der Auslieferung von Wikileaks-Gründer Assange an Schweden zu. Seine Anwälte legen Berufung ein, weshalb mit seiner schnellen Auslieferung nicht zu rechnen ist. Assanges Mutter bezeichnet den Auslieferungsbeschluss gegen ihren Sohn eine "politische und juristische Gruppenvergewaltigung".
Wikileaks-Gründer Julian Assange hat die erste Runde im Kampf um seine Auslieferung an Schweden verloren. Ein britisches Gericht gab in London einem entsprechenden Antrag der schwedischen Justiz statt. Die Anwälte des 39-jährigen Australiers und Gründers der Enthüllungswebseite kündigten gegen den Auslieferungsbeschluss umgehend Berufung an.
Dem derzeit in Großbritannien unter Hausarrest stehenden Assange wird in Schweden Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen. Der Internetaktivist weist die jedoch Vorwürfe zurück und sieht diese als Teil eines Komplotts. Er befürchtet, dass Schweden ihn letztlich an die USA ausliefern könnte. Die US-Justiz prüft derzeit rechtliche Schritte gegen Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Regierungsdokumente über Wikileaks.
"Ich muss die Auslieferung von Herrn Assange nach Schweden anordnen", erklärte Richter Howard Riddle in London und wies den Vorwurf zurück, der Internetaktivist sei das Opfer einer Intrige. Das Argument der Verteidigung, Assange könne in Schweden nicht mit einem "fairen Prozess" rechnen, ließ Riddle nicht gelten.
"Wir werden Berufung einlegen"
Die Befürchtung, Assange könne über Schweden an die USA ausgeliefert, dort im Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert und sogar zum Tode verurteilt werden, sei nach seiner Einschätzung unbegründet, sagte der Richter. Zudem wies er auf den gegenseitigen Respekt und das Vertrauen des Gerichts gegenüber anderen europäischen Gerichten hin.
"Wir werden Berufung einlegen", erklärte Assanges Anwalt Geoffrey Robertson unmittelbar nach der Entscheidung des Gerichts. Ein weiterer Anwalt, Mark Stephens, stellte klar, dass die Berufung innerhalb von acht Tagen vor dem Hohen Gerichtshof in London eingereicht werde.
In Stockholm wurde die Ankündigung der Berufung mit Bedauern aufgenommen. Damit verzögere sich die Auslieferung Assanges, sagte der Anwalt der beiden mutmaßlichen Opfer des Wikileaks-Chefs, Claes Borgström der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Der Auslieferungsbeschluss sei zu erwarten gewesen, da kein Grund bestanden habe, diesen zu verweigern. Seinen Klientinnen habe er gesagt, er hoffe, den Prozess noch vor dem Sommer abschließen zu können.
"Politische und juristische Gruppenvergewaltigung"
Assanges Mutter nannte den Auslieferungsbeschluss gegen ihren Sohn eine "politische und juristische Gruppenvergewaltigung". Es handle sich um eine "David-gegen-Goliath-Situation", sagte Christine Assange der australischen Nachrichtenagentur AAP. Ihre größte Angst sei, dass die westliche Welt "in ihren Anstrengungen, jemandem zum Schweigen zu bringen, über Grenzen hinweg jedes Gesetz brechen wird, um ihm habhaft zu werden".
Das US-Außenministerium sieht in den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Assange indes nach eigenen Angaben "eine Angelegenheit zwischen Großbritannien und Schweden". Die USA seien in den Fall nicht verwickelt, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Das Enthüllungsportal Wikileaks hatte vergangenes Jahr geheime US-Dokumente über die Kriege im Irak und in Afghanistan veröffentlicht und vor einigen Monaten mit der Veröffentlichung von mehr als 250.000 vertraulichen Depeschen der US-Diplomatie begonnen.
Quelle: ntv.de, AFP