Politik

Gesprächsbedarf in Ecuador Assange lässt Correa grübeln

Am Dienstag spaziert Julian Assange in die ecuadorianische Botschaft in London und bittet um Asyl. Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa muss sich nun entscheiden, ob er seiner antiamerikanischen Rhetorik treu bleiben will.

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Vor der ecuadorianischen Botschaft in London.

(Foto: AP)

Ecuador ist offenbar weiterhin unsicher, wie es auf den Asylantrag des Wikileaks-Gründers Julian Assange reagieren soll. Die Regierung in Quito rief ihre Botschafterin Ana Albán zu Konsultationen in die Heimat zurück, da es sich "um eine sehr ernste Angelegenheit" handle, wie Präsident Rafael Correa im ecuadorianischen Rundfunk sagte.

"Wir werden diese Angelegenheit mit äußerster Vorsicht, Verantwortung und Seriosität angehen, aber keinen Druck von wem auch immer akzeptieren", sagte Correa. Er fügte hinzu, Albán habe am Mittwoch bereits mit britischen Regierungsvertretern über Assange gesprochen. Die britische Regierung habe sehr höflich ihren Standpunkt dargestellt. "Wir werden diesen berücksichtigen, aber letztlich wird Ecuador auf souveräne Weise eine Entscheidung treffen."

Angst vor Schweden

Assange hatte am Dienstag in der Botschaft Ecuadors in London Zuflucht gesucht und einen Antrag auf politisches Asyl gestellt. Dem Australier droht eine Auslieferung von Großbritannien an Schweden. Die dortige Staatsanwaltschaft will ihn im Zusammenhang mit Vergewaltigungsvorwürfen befragen; offiziell angeklagt ist Assange in Schweden bislang nicht. Assange selbst fürchtet nach eigenen Angaben, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm seiner Meinung nach die Todesstrafe droht. Die USA haben allerdings bislang weder an Schweden noch an Großbritannien ein Auslieferungsgesuch gerichtet.

In den USA seien bereits Strafverfahren im Gange, die zu einer Auslieferung führen könnten, sagte Assange dem australischen Sender ABC am Freitag. Um auf diesen mutmaßlichen Komplott gegen ihn aufmerksam zu machen, habe er sich in Ecuadors Botschaft geflüchtet. Von seinem Heimatland fühle er sich im Stich gelassen, sagte Assange. Er bestritt, konsularische Hilfe erhalten zu haben. Er habe seit seiner Festnahme im Dezember 2010 mit keinem Vertreter der australischen Botschaft gesprochen, ergänzte der 40-Jährige.

Assange lobte die Menschen in Ecuador, die "freundlich" und "großzügig" zu sein. Das Leben sei dort "viel besser als ein Leben hinter Gittern". Mit Präsident Correa ist Assange persönlich bekannt: Correa war in einer der Talkshows aufgetreten, die Assange für den russischen Auslandssender Russia Today (RT) moderiert hat.

Feinde der USA sind Correas Freunde

Correa gibt sich wie andere Linkspopulisten in Lateinamerika als Feind der USA. Gegen Ende des per Videoschalte geführten Interviews für RT verabschiedete Correa sich von Assange mit den Worten "Willkommen im Club der Verfolgten". Assange erwiderte: "Passen Sie auf sich auf." Und schob augenzwinkernd nach: "Lassen Sie sich nicht umbringen."

Als Correa im Januar den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in Quito empfing, sagte dieser mit Blick auf die Sanktionen gegen sein Land, er sei sich mit Correa einig, eine Front gegen die Bedrohung des Völkerrechts zu bilden.

Nach der Wikileaks-Affäre hatte Ecuador die US-Botschafterin ausgewiesen: Unter anderem konnte man den amerikanischen Botschaftsdepeschen entnehmen, dass die US-Diplomaten in Quito die Polizei und Justiz des Landes für korrupt halten. Als Reaktion auf die Ausweisung ihrer Botschafterin schickten auch die USA den ecuadorianischen Botschafter nach Hause. Inzwischen sind beide Posten wieder besetzt. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" führt Ecuador auf Platz 104 auf ihrer Rangliste der Pressefreiheit - noch hinter dem Tschad.

Schwedens Justiz wirft Assange vor, eine 31 Jahre alte Frau, die ihn beherbergte, im Schlaf überrascht und ohne Kondom mit ihr geschlafen zu haben. Der Vorwurf lautet auf Vergewaltigung in einem minderschweren Fall. Zudem wird ihm die sexuelle Belästigung einer 27-Jährigen vorgeworfen. In diesem Fall soll Assange trotz ihres Einspruchs die Benutzung eines Präservativs abgelehnt und Zwang auf sie ausgeübt haben.

Quelle: ntv.de, hvo/AFP

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