Keine Hoffnung für Syrien Ausland fürchtet das Schlimmste
31.05.2012, 14:15 Uhr
Tote und Verletzte, jeden Tag. Ein junger Mann, der an der libanesischen Grenze angeschossen wurde, wird versorgt.
(Foto: AP)
Viel wird in der Welt geredet zum Syrien-Konflikt, vor Ort ändert sich wenig: Russland warnt weiter eindringlich vor einem Militärschlag, die USA werfen Russland unterdessen Mitschuld am Bürgerkrieg vor. Während Annan am Friedensplan festhalten will, kündigen Rebellen diesen auf.
Im Syrien-Konflikt hat Russland noch einmal mit Nachdruck vor einem "Missbrauch" des Massakers in Al-Hula zu einem Militärschlag gewarnt. "Obwohl die Hintergründe dieser Tragödie weiter unklar sind, schmieden einige Länder schon Pläne (für eine mögliche militärische Lösung)", sagte Russlands EU-Botschafter Wladimir Tschischow. Moskau fühle sich "ungut" an die Situation im ehemaligen Jugoslawien erinnert, als der Westen ohne Uno-Mandat gegen die damalige Führung in Belgrad mit Waffengewalt vorgegangen sei, sagte Tschischow. "Ich hoffe, dass die Regierungen in der Europäischen Union und anderen Ländern einen kühlen Kopf bewahren und sich nicht zu einer militärischen Einmischung hinreißen lassen", sagte der Botschafter.

Der UN-Sicherheitsrat findet keine Lösung für Syrien.
(Foto: dpa)
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon warnte Syrien wegen des Massakers von Hula davor, in einen Bürgerkrieg abzugleiten. Von einer derartigen Katastrophe würde sich das Land nie erholen. Möglicherweise habe Syrien mit der Tötung von 108 Zivilisten am vergangenen Freitag in Hula die Schwelle zum Bürgerkrieg erreicht, zitierte Ban Befürchtungen seines Vorgängers Kofi Annan, der einen immer brüchiger werdenden Waffenstillstand für Syrien ausgehandelt hatte. Hochrangige UN-Vertreter sind sich inzwischen nahezu sicher, dass das Massaker von der Armee und den gefürchteten regierungstreuen Schabbiha-Milizen verübt wurde.
Clinton wirft Russland Mitschuld vor
Auch Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete die Situation in Syrien als "Katastrophe" und machte ihre Ratlosigkeit deutlich: "Die Perspektiven sind wirklich schlecht", sagte sie. Merkel betonte, dass sie auf die Kooperation Russlands bei den Bemühungen um eine Lösung des seit Monaten anhaltenden Syrien-Konflikts setzt. Sie werde am Freitag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin darüber sprechen, der zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin kommt.
US-Außenministerin Hillary Clinton warf Russland Mitverantwortung für einen möglichen Bürgerkrieg in Syrien vor. Bei einem Dänemark-Besuch sagte sie vor Studenten in Kopenhagen: "Russland erklärt, dass man keinen Bürgerkrieg in Syrien wünscht. Ich sage ihnen, dass ihre Politik zu einem Bürgerkrieg beitragen wird." Clinton verwies auf den Widerstand Russlands und Chinas im Sicherheitsrat gegen ein mögliches Eingreifen der Vereinten Nationen zur Beendigung des Blutvergießens in Syrien.
Die amerikanische UN-Botschafterin Rice zeigte sich nach der vertraulichen Unterredung des Sicherheitsrates pessimistisch. "Es gibt drei Möglichkeiten: Die erste ist, dass Assad endlich einlenkt. Die zweite ist, dass der Druck des Sicherheitsrates zu einer Lösung führt", sagte Rice. "Doch die dritte ist die schlimmste und leider momentan auch wahrscheinlichste: dass die Gewalt weiter zunimmt und sich über die ganze Region erstreckt."
Ultimatum der Rebellen läuft
Kofi Annan hält indes weiterhin an seinem Friedensplan für das Land fest. Trotz Angriffsdrohungen von Rebellen gegen Regierungstruppen nach dem Massaker in Al-Hula forderte Annan weiter die Einhaltung der Waffenruhe. Alle am Konflikt beteiligten Seiten müssten die Gewalt einstellen, sagte sein Sprecher zu Forderungen von Rebellen, den Sechs-Punkte-Friedensplan für Syrien offiziell für gescheitert zu erklären.
Der syrische Rebellenführer Riad al-Asaad hatte zuvor verlangt, Annan müsse das Scheitern des Plans öffentlich eingestehen und damit Militärschläge gegen die Regierungstruppen legalisieren. Ein anderer Oberst der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA) stellte Damaskus seinerseits ein Ultimatum zur Beendigung aller Kampfhandlungen bis Freitagvormittag. Andernfalls werde sie den Annan-Plan nicht mehr respektieren und angreifen.
Der Friedensplan des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan ruft zu einem Ende der Gewalt auf und verlangt einen Abzug der syrischen Streitkräfte und ihrer schweren Waffen aus den Städten, die Freilassung von politischen Häftlingen und den freien Zugang für Hilfsgüter.
In einer nicht-repräsentativen Umfrage von Oppositionellen zu den Gefahren der Zeit nach dem Sturz von Assad erklärten die meisten Befragten, ihre größte Sorge seien die Waffen der Rebellen. An zweiter Stelle stand die Angst vor willkürlichen Racheakten.
Quelle: ntv.de, dpa/rts