Politik

Misshandlung von Rekruten BGH hebt Freisprüche auf

Wegen der Misshandlung von Rekruten in einer Kaserne müssen sich drei frühere Bundeswehrausbilder erneut vor Gericht verantworten. Aufgrund mehrerer juristischer Fehler kippt der Bundesgerichtshof die Freisprüche. Die Urteile gegen die Hauptverantwortlichen sind jedoch rechtskräftig.

coesfeld.jpg

Im Sommer 2004 waren in der Kaserne in Coesfeld Bundeswehrrekruten malträtiert worden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das Landgericht Münster hatte die drei Unteroffiziere im März 2008 im Zusammenhang mit der Misshandlung von Bundeswehr-Rekruten in der Freiherr-vom-Stein-Kaserne in Coesfeld  freigesprochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob diese Freisprüche nun wieder auf und ordnete eine teilweise Neuauflage des Prozesses an.

Dagegen sind die Urteile gegen mehrere Hauptverantwortliche der umstrittenen Übungen mit Geiselnahmen rechtskräftig. Das Landgericht hatte Bewährungsstrafen unter anderem gegen zwei Zugführer - die Drahtzieher der Aktion - sowie eine Geldstrafe gegen den Kompaniechef verhängt. Der BGH verwarf ihre Revisionen.

Stromstöße und Scheinerschießungen

Bei den Übungen in der Coesfelder Kaserne im Sommer 2004 waren die völlig überrumpelten Rekruten Misshandlungen und Demütigungen ausgesetzt. Einigen der mit Kabelbindern gefesselten Soldaten wurde Wasser in den Mund oder in die Hose gepumpt. Andere wurden mit Schlägen oder Stromstößen traktiert oder mit Scheinerschießungen in Panik versetzt. "Diese Misshandlungen sind durch das Wesen des militärischen Dienstes nicht gedeckt, im Gegenteil, sie widersprechen dem Wesen des militärischen Dienstes", sagte der Senatsvorsitzende Armin Nack bei der Urteilsverkündung.

Nach seinen Worten hätten sich die Angeklagten - Unteroffiziere mit teilweise großer Erfahrung - nicht blind auf die Genehmigung der Aktion durch den Kompaniechef verlassen dürfen. Derartige Übungen seien in den geltenden Anweisungen für die Truppenausbildung nicht vorgesehen gewesen und dürften ausschließlich mit speziell geschulten Ausbildern an drei Bundeswehrstandorten ausgeführt werden - wozu Coesfeld nicht gehöre. Kritik übte Nack am milden Urteil gegen den Kompanie-Chef, der mit 7500 Euro Geldstrafe "recht gut weggekommen ist" - obwohl doch eigentlich der Vorgesetzte den Kopf hinhalten müsse. Allerdings hatte die Staatsanwaltschaft dagegen keine Revision eingelegt, womit dem BGH die Hände gebunden waren.

Jeder Beteiligte ein Mittäter

Der BGH monierte - wie zuvor die Bundesanwaltschaft - mehrere juristische Fehler im Urteil des Landgerichts Münster. Zum einen seien die Überfallaktionen als "einheitliches Geschehen" einzustufen, so dass jeder Beteiligte als Mittäter für die gesamte Aktion verantwortlich sei. Außerdem beanstandeten die Karlsruher Richter, dass das Landgericht den Unteroffizieren zugutegehalten hatte, sie seien irrtümlich von der Rechtmäßigkeit der Übung ausgegangen. Rekruten hätten dieselben staatsbürgerlichen Rechte wie andere Bürger auch, sagte Nack: "Wehrpflichtige geben ihre Grundrechte nicht am Kasernentor ab."

Bereits Anfang des Jahres hatte der BGH Freisprüche gegen frühere Coesfelder Ausbilder aufgehoben und eine neue Prüfung angeordnet, ob die Soldaten die Befehle zur Ausführung der rechtswidrigen Aktion hätten verweigern müssen. Nach Auskunft eines Sprechers des Landgerichts ist noch offen, wann die Prozesse terminiert werden.

Quelle: ntv.de, dpa

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen