UN-Mission in Syrien erfolglos Beobachter ziehen sich zurück
16.06.2012, 15:42 Uhr
Bei Kämpfen zwischen den Rebellen (im Bild) und den Regierungstruppen in Idlib.
(Foto: AP)
Die etwa 300 Beobachter der Vereinten Nationen setzen ihre Mission in Syrien vorerst aus. Die Beobachter werden keine Patrouillen mehr durchführen, heißt es. Grund dafür ist die eskalierende Gewalt im Land. Die Wiederaufnahme der Mission solle jedoch täglich überprüft werden. Derweil geht das Blutvergießen in dem Land weiter.
Zwei Monate nach Beginn ihrer Mission haben die UN-Beobachter ihren Einsatz in Syrien vorerst abgebrochen. Der Einsatz werde wegen "der eskalierenden Gewalt" und der damit verbundenen Risiken für die Beobachter ausgesetzt, teilte der Missionsleiter, der norwegische General Robert Mood, mit. "Die Beobachter stellen ihre Patrouillen bis auf Weiteres ein." Die Mission werde wieder aufgenommen, wenn es die Situation erlaube.
Indessen verschlimmert sich die Lage von Zivilisten, die in vier Stadtteilen von Homs eingeschlossen sind, dramatisch. Mehr als 1000 Familien "haben nichts mehr zu essen und keinen Zugang zu ärztlicher Betreuung", erklärte ein Mitarbeiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London. "Menschen sterben dahin", sagte er.
"Unschuldige werden jeden Tag getötet"
Mood warf den Konfliktparteien vor, keinen Willen zu zeigen, "zu einem friedlichen Übergang zu kommen". Regierungstruppen und Aufständische wollten offenbar eine militärische Lösung des Konflikts erzwingen. Dadurch steige die Zahl der Opfer: "Unschuldige - Männer, Frauen und Kinder - werden jeden Tag getötet", erklärte Mood. "Das erhöht auch die Risiken, die von den Beobachtern eingegangen werden." Die UNSMIS-Mission werde aber nun täglich überprüfen, ob ihre Arbeit wieder aufgenommen werde könne.
Die mehr als 300 Mann starke, unbewaffnete Blauhelm-Mission ist seit April in dem arabischen Land. Sie soll eine von Syrien-Vermittler Kofi Annan mit den Konfliktparteien ausgehandelte Waffenruhe überwachen. Da jedoch weiter gekämpft wurde, dokumentierten die UN-Beobachter vor allem Massaker an Zivilisten, die Truppen und regimetreue Milizen Ende des Vormonats in der Provinz Homs begangen hatten.
Das syrische Außenministerium zeigte in einer ersten Reaktion "Verständnis" für das Aussetzen der Beobachtermission. "Bewaffnete terroristische Gruppen" hätten seit der Annahme des Annan-Plans ihre Angriffe verstärkt und selbst die UN-Beobachter attackiert, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums, die in Damaskus veröffentlicht wurde. Das Regime von Machthaber Baschar al-Assad schreibt allerdings immer wieder auch die von den eigenen Truppen und Milizen begangenen Gräueltaten "bewaffneten terroristischen Gruppen" zu.
Hunderte Menschen brauchen Hilfe
Syrien versinkt derweil weiter in Chaos und Gewalt. Mindestens 27 Menschen, unter ihnen drei Frauen, seien bei Angriffen der Regimetruppen und bei Kämpfen mit den Aufständischen getötet worden, berichteten syrische Aktivisten. Allein zehn Menschen starben beim Beschuss der Stadt Homs. 15 Menschen seien in den Vorstädten von Damaskus, vor allem in Duma, getötet worden. Die Angaben lassen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen, weil die Führung in Damaskus eine Medienblockade verhängt hat.
Allein 200 Menschen in Homs seien verletzt und bedürften dringend medizinischer Hilfe, die sie vor Ort nicht erhalten könnten, teilte die Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Die betroffenen Stadtteile Altstadt, Al-Chalidija, Dschurat al-Schiah und Kusur würden von Regimetruppen belagert und immer wieder beschossen.
Syriens Präsident Assad lässt seit März 2011 die Protestbewegung in seinem Land blutig niederschlagen. Seitdem sind nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mehr als 14.400 Menschen getötet worden, darunter vor allem Zivilisten.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa