"Kein nachrichtendienstlicher Zugang" BfV bestreitet Existenz eines V-Manns
20.09.2012, 22:48 Uhr
Der mutmaßliche NSU-Unterstützer Thomas R. aus Halle (mit schwarzer Base-Cap) bei einem Neonazi-"Trauermarsch" in Magdeburg im Januar.
(Foto: dapd)
Erst kommt ans Licht, dass die Berliner Polizei jahrelang einen NSU-Helfer als V-Mann führte, nun sollen auch die Verfassungsschützer im Bund eine Quelle im Umfeld der Terrorzelle gehabt haben. Die Behörde dementiert heftig, die Quelle "Corelli" geführt zu haben.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat einen Pressebericht über Kontakte zum Nationalsozialistischen Untergrund zurückgewiesen. Es habe "zu keiner Zeit einen nachrichtendienstlichen Zugang zum NSU gehabt", erklärten das BfV.
Die Berliner "tageszeitung" hatte zuvor berichtet, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe jahrelang einen V-Mann aus dem Umfeld des NSU geführt. Der Neonazi Thomas R. aus Sachsen-Anhalt sei mindestens von 1997 bis 2007 unter dem Decknamen "Corelli" als Quelle geführt worden. Die Kontaktdaten des V-Manns finden sich laut "taz" auf einer Adressliste, die die Ermittler 1998 nach dem Abtauchen der drei Mitglieder des NSU beschlagnahmt hatten.
Die Grünen forderten dazu Aufklärung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele beantragte einen Regierungsbericht an das Parlamentarische Kontrollgremium.
Erst vor wenigen Tagen war bekanntgeworden, dass ein Helfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) jahrelang als V-Mann für das Landeskriminalamt Berlin aktiv gewesen war. Inzwischen sind Hinweise aufgetaucht, dass auch das Bundesamt für Verfassungsschutz einen bezahlten Informanten aus dem Umfeld der Terrorzelle gehabt haben könnte. Der Mann soll ein ehemaliger Freund des NSU-Mitglieds Uwe Mundlos gewesen sein.
Ströbele verlangte Aufklärung vom Innenminister, der für den Verfassungsschutz im Bund zuständig ist. "Friedrich trägt die Verantwortung dafür", sagte der Grünen-Politiker. "Er muss sagen, wann er was über den nun berichteten Einsatz dieses V-Manns erfahren hat und warum er nicht für die umfassende sofortige Unterrichtung des Bundestages gesorgt hat."
Der Ressortchef müsse sich umgehend dazu erklären und dem Neonazi-Untersuchungsausschuss die vollständigen Akten weitergeben. Ströbele sitzt sowohl in dem Untersuchungsausschuss als auch im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Nachrichtendienste, dem die Regierung nun einen Bericht zu dem Fall liefern soll.
Die V-Männer im Umfeld des NSU sorgen derzeit für Aufregung. Ein V-Mann der Berliner Polizei soll bereits 2002 Hinweise auf den Verbleib der NSU-Mitglieder gegeben haben. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) steht unter Druck, weil er die Angaben über den V-Mann Thomas S. nicht an den zuständigen Bundestags-Untersuchungsausschuss weitergeleitet hatte.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa