Politik

GedenkstättenkonzeptBirthler-Behörde bleibt

18.06.2008, 20:26 Uhr

Die Stasiakten-Behörde mit ihren rund 2000 Mitarbeitern wird entgegen ursprünglichen Plänen nicht vorzeitig aufgelöst.

Die Stasiakten-Behörde mit ihren rund 2000 Mitarbeitern wird entgegen ursprünglichen Plänen nicht vorzeitig aufgelöst. Dies geht aus dem neuen Gedenkstättenkonzept hervor, das Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) dem Kabinett vorstellte. Die Entscheidung über Gestalt und Zukunft der 1990 gegründeten Behörde unter Leitung der Bundesbeauftragten Marianne Birthler wurde auf die Zeit nach der Wahl 2009 vertagt. Dazu soll der dann neu gewählte Bundestag eine Expertenkommission einsetzen.

Birthler reagierte erfreut, weil nun "für die nächsten Jahre die dringend nötige Planungssicherheit" gegeben sei. Die gestiegene Nachfrage der Bürger nach den von der Stasi über sie geführten Akten und das anhaltende Interesse an den Bildungsangeboten zeuge davon, dass die Arbeit der Behörde unverzichtbar sei, erklärte Birthler.

Im Juni vergangenen Jahres hatte Neumann noch einen Konzeptentwurf vorgelegt, der zu heftigen Kontroversen geführt hatte. Danach sollte die Stasi-Akten mittelfristig dem Bundes- und den Landesarchiven übergeben werden. Birthler konterte damals, die Behörde müsse mindestens bis 30 Jahre nach dem Sturm auf die Stasizentrale 1989, also bis 2019 erhalten bleiben.

Einrichtung zeitlich begrenzt

Bei der Überführung der Akten soll es aber offensichtlich bleiben, da die Aktenbehörde in dem Konzept als "zeitlich begrenzte Einrichtung" beschrieben wird. Die Expertenkommission soll nach Regierungsangaben prüfen, wie die Aufgaben der Behörde "nach Überführung in die allgemeine Archivverwaltung mittel- und langfristig zu erfüllen sind". Bis zur Entscheidung darüber erfülle die Stasi-Aktenbehörde "ihre gesetzlichen Aufgaben und übernimmt keine neuen".

Zur Aufarbeitung der DDR-Diktatur wird die anteilige Bundesförderung laut Konzept ausgedehnt. Ziel sei es, "herausgehobene Erinnerungsorte" wie am ehemaligen Grenzübergang Marienborn, das deutsch-deutsche Museum in Mödlareuth sowie in Berlin die Mauer-Gedenkstätte an der Bernauer Straße, die Gedenkstätte Hohenschönhausen sowie den sogenannten Tränenpalast am Bahnhof Friedrichstraße verstärkt ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Erinnerung an NS-Terror

An erster Stelle des Konzepts, das Neumann als "Meilenstein in der Erinnerungskultur" sieht, steht die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Terrorherrschaft, deren Unvergleichlichkeit besonders betont wurde. Diese Aufarbeitung sei "in keiner Weise abgeschlossen".

In die anteilige Bundesförderung werden demnach die Gedenkstätten in Bergen-Belsen, Dachau, Flossenbürg und Neuengamme als wichtiger Schritt für den Erhalt authentischer Opferorte aufgenommen. Die dringend erforderliche Sanierung einiger NS-Gedenkstätten werde über einen Stufenplan erfolgen, der in Verbindung mit dem Haushalt 2009 vorgelegt werde.

Unterschied ist klar

Der stellvertretende Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) lobte die Ausgewogenheit des Konzepts, das sich im Verhältnis zwischen der Erinnerung an die Nazi-Herrschaft und die DDR-Diktatur widerspiegele. Die Klarstellung der Unvergleichbarkeit zwischen den beiden Diktaturen begrüßte auch Luc Jochimsen von der Linken. Ansonsten bliebe aber vieles beim Alten. Katrin Göring-Eckardt von Grünen nannte es erfreulich, dass die Unterscheidung nun klar sei. Im ursprünglichen Entwurf sei sie "in unverantwortlicher Weise verwischt" worden.