Kita-Ausbau reicht nicht aus Bund muss mit Klagen rechnen
29.05.2012, 15:14 UhrWenn ab August der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz gilt, müssen sich die Städte auf Ärger einstellen. Bislang gibt es nämlich noch viel zu wenige Plätze. Der Deutsche Städtetag rechnet mit vielen erfolgreichen Klagen. Unklar ist, wie Eltern dann entschädigt werden.

Theoretisch soll für alle Kinder ab August ein Betreuungsplatz vorhanden sein. Die Realität sieht anders aus.
(Foto: dapd)
Auf die deutschen Städte und Gemeinden dürfte eine Klagewelle zurollen, wenn ab Mitte 2013 für Kinder unter drei Jahren ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz besteht. Der Familienrechtler Thomas Meysen kommt in einem Gutachten für den Deutschen Städtetag zu dem Schluss, dass die meisten Klagen Erfolg haben werden, wie die "Welt" berichtet. "Die Klagewelle kommt, damit kann man fest rechnen", sagte Meysen, der Fachlicher Leiter am Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht ist.
Der Deutsche Städtetag hält Meysens Einschätzung für plausibel. "Es ist zu befürchten, dass es in einer Reihe von Städten zu Klagen von Eltern auf Schadenersatz kommt", sagte ein Sprecher der Zeitung. "Denn es besteht nach gegenwärtigem Stand die Gefahr, dass im Sommer 2013 nicht überall genügend Plätze für Kinder unter drei Jahren vorhanden sind."
Allerdings ist unklar, welche Auswirkungen eine erfolgreiche Klage hat. Denn der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz bedeutet, dass immer nur auf Erfüllung des Anspruchs geklagt werden kann. Das heißt, wenn Eltern gegen eine Stadt oder Gemeinde klagen und gewinnen, muss die unterlegene Kommune das Kind der Eltern unterbringen. Was die Kommune aber tun wird, wenn sie das nicht kann, ist unklar - direkte Schadensersatzansprüche gibt es durch einen juristischen Sieg nicht.
Über 100.000 Plätze fehlen
Ab dem 1. August 2013 gilt ein "individueller Rechtsanspruch" auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren. Das Bundesfamilienministerium rechnet im Bundesdurchschnitt damit, dass rund 39 Prozent aller Eltern einen Krippenplatz haben wollen. Die Schätzungen darüber, wie viele Plätze derzeit noch fehlen, gehen weit auseinander: Das Bundesfamilienministerium spricht aktuell von 130.000 Plätzen, die noch fehlen, um den Bedarf Mitte kommenden Jahres zu decken. Die kommunalen Spitzenverbände dagegen gehen von mehr als 200.000 fehlenden Betreuungsplätzen aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Berichten zufolge im Zusammenhang mit dem umstrittene Betreuungsgeld dafür sorgen, dass der Bund den Kita-Ausbau stärker fördert. Der Stand des Kita-Ausbaus ist in dieser Woche Thema im Bundeskabinett.
Der Ausbau der Kinderbetreuung ist eines der wichtigsten Projekte der Koalition. Die Zeit drängt: Bis 2013 sollen in Deutschland noch zehntausende Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren entstehen. Skeptiker bezweifeln, dass dies zu schaffen ist. In diesem Fall droht wegen des dann geltenden Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz eine Klagewelle.
Quelle: ntv.de, AFP