Streitthema Sicherungsverwahrung Bundestag regelt Gesetz neu
02.12.2010, 17:27 UhrIn den vergangenen Monaten kamen wiederholt Täter auf freien Fuß, obwohl sie weiter als gefährlich galten. Grund war ein Urteil aus Straßburg. Die Bundesregierung will das nun mit einem neuen Gesetz teilweise wieder rückgängig machen. Die Opposition kritisiert den neuen Wurf. Der Grünen-Politiker Jerzy Montag spricht von einer "Scheinreform".
Nach langwieriger Debatte hat der Bundestag die Neuordnung der Sicherungsverwahrung beschlossen. Das mit Stimmen von Schwarz-Gelb und SPD beschlossene Gesetz legt fest, dass die Sicherungsverwahrung im Urteil angeordnet oder vorbehalten werden muss. Die Regelung ermöglicht zudem die weitere Unterbringung von Tätern, die nach einem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes freigelassen werden müssen.
Mit der Neuregelung, die bei der Abstimmung von Linken und Grünen abgelehnt wurde, entfällt die umstrittene nachträgliche Sicherungsverwahrung weitgehend. Die Maßnahme soll künftig nur noch bei schweren Sexual- und Gewaltdelikte verhängt werden können, reine Vermögensdelikte sind künftig kein Anlass mehr für eine Anordnung.
"Die Neuordnung soll wie ein Filter wirken, damit ausschließlich gefährliche Täter zum Schutz der Bevölkerung in Sicherungsverwahrung kommen", erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Max Stadler (FDP) sagte im Bundestag, nach mehreren Detailkorrekturen aus der Vergangenheit sei nunmehr die Reform "aus einem Guss" gelungen.
Grüne: Reform geht nicht weit genug
Das zu der Neuregelung gehörende Therapieunterbringungsgesetz kann künftig für die Fälle angewendet werden, die infolge des Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009 aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder werden. Unter den Vorgaben des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention ist es künftig in Einzelfällen möglich, psychisch gestörte und weiterhin gefährliche Gewalt- und Sexualstraftäter nach doppelter Begutachtung in geeigneten Einrichtungen unterzubringen, um sie dort zu therapieren.
Die SPD-Abgeordnete Christine Lambrecht räumte ein, dass mit dem Unterbringungsgesetz ein "schmaler Grat" begangen werde, was aber notwendig sei.
Der Grünen-Politiker Jerzy Montag sprach dagegen von einer "Scheinreform": "Die angekündigte Reform der Sicherungsverwahrung hält nicht das was, sie verspricht." Sie werde den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht gerecht - auch werde es nicht mehr Sicherheit für die Bürger vor chronischen Straftätern geben.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa