Votum über Unabhängigkeit vorziehen Cameron drängt die Schotten
09.01.2012, 17:30 Uhr
Bei einer Unabhängigkeit Schottlands müsste auch der Union Jack - die Nationalflagge Großbritanniens - verändert werden.
(Foto: AP)
Eigentlich wollen die schottischen Nationalisten erst 2014 über eine Unabhängigkeit abstimmen lassen. Premier Cameron spricht sich allerdings für ein vorgezogenes Referendum aus. Er wolle den Nationalisten den Wind aus den Segeln nehmen, meinen Experten. Die schottische Regierungspartei verbittet sich diese Einmischung.
Der britische Premierminister David Cameron hat die schottischen Nationalisten dazu gedrängt, das von ihnen geplante Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vorzuziehen und das Ergebnis für bindend zu erklären. In einem Fernsehinterview, dem zweiten innerhalb von zwei Tagen, sagte Cameron, er werde seine Haltung "nicht diktieren", es sei aber notwendig, gemeinsam mit der schottischen Regierung eine "klare Antwort" zu finden.
Die derzeitige Unsicherheit sei "sehr schädlich" für die Geschäftswelt und die Bewohner Schottlands, das seit 1999 über eine eigene Regierung verfügt, fügte Cameron im Fernsehsender Sky News hinzu. Ähnlich hatte sich Cameron am Sonntag in der BBC geäußert. Dabei hatte er auch gesagt, ein Auseinanderdriften des Vereinigten Königreichs wäre "sehr traurig". Großbritannien sei "eine der erfolgreichsten Partnerschaften der Weltgeschichte".
Britische Medien mutmaßten, dass Cameron mit seinem Vorstoß die schottischen Nationalisten ausmanövrieren will - in der Hoffnung, dass das Referendum mit einem Nein zur Unabhängigkeit ausgehen werde. Zudem sollen die Nationalisten möglichst wenig Zeit zur Mobilisierung ihrer Anhänger haben.
"Ja" oder "Nein"
Berichten zufolge will die britische Regierung, dass das Referendum innerhalb der kommenden 18 Monate abgehalten wird. Es solle dabei nur um eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage gehen, nämlich ob Schottland im Vereinigten Königreich bleiben solle oder nicht. Schottland gehört seit 300 Jahren zum Vereinigten Königreich.
Der Chef der schottischen Regionalregierung, Alex Salmond, will dagegen im Herbst 2014 ein nicht-bindendes Referendum abhalten. Es fiele dann mit dem 700. Jahrestag der Schlacht von Bannockburn zusammen, die mit einem Sieg der Schotten über die Engländer endete. Zudem soll die Volksbefragung mindestens zwei Fragen enthalten: Neben der völligen Unabhängigkeit als eigener Staat sollen die Schotten auch die Möglichkeit haben, für eine Bündelung von Wirtschafts- und Finanzkompetenzen in Schottland zu plädieren.
Salmonds Schottische Nationalpartei (SNP) warf Cameron Einmischung in innere Angelegenheiten und Doppelzüngigkeit vor. Bei den Regionalwahlen in Schottland im Mai 2011 . Salmond hat sich bisher die Möglichkeit offengehalten, die schottische Unabhängigkeit in Etappen zu erreichen. Im vergangenen Dezember sprachen sich laut einer Umfrage des MORI-Instituts 38 Prozent der fünf Millionen Schotten für die Unabhängigkeit aus.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa