Staatsführung verschärft Medienkontrolle China lässt US-Journalisten zappeln
19.12.2013, 15:15 Uhr
China zögert die Aufenthaltsgenehmigungen bis zur letzten Minute hinaus.
(Foto: dpa)
Dass Pressefreiheit in China nicht gerade groß geschrieben wird, ist bekannt. Nun versucht die Regierung ausländische Journalisten zu vergraulen, indem sie Genehmigungen hinauszögert. Das passt zur neuen Linie der Staatsführung.
Nach langer Verzögerung hat Chinas Außenministerium einer Reihe von US-Journalisten doch noch die Akkreditierung für das kommende Jahr verlängert. Alle Reporter der Nachrichtenagentur Bloomberg und einige der "New York Times" hätten ihre Pressekarten erhalten, teilte der Auslandskorrespondentenclub (FCCC) in Peking mit. Andere Korrespondenten der "New York Times" warten allerdings weiter auf ihre neue Arbeitserlaubnis.
Der Presseausweis ist eine wichtige Voraussetzung, um auch die Visa für 2014 bei der Polizei beantragen zu können. "Wir haben alle unsere Pressekarten in China bekommen und arbeiten normal weiter", teilte eine Bloomberg-Sprecherin mit. Der FCCC äußerte die Hoffnung, dass alle betroffenen US-Journalisten damit am Ende auch tatsächlich ihre Aufenthaltserlaubnis verlängert bekommen.
China hatte trotz Intervention Washingtons an höchster Stelle bisher die Pressekarten und Visa für zwei Dutzend US-Journalisten beider Medienhäuser zurückgehalten. Hintergrund ist offenbar die Verärgerung in Peking über deren Berichte über die großen Reichtümer der Familien chinesischer Führer, wie chinesische Beamte zu erkennen gaben. Eine offizielle Begründung gab es bislang aber nicht.
"Wir hoffen, dass diese Entwicklung bedeutet, dass die 'New York Times'-Reporter, die weiter auf ihre Pressekarten warten, diese bald erhalten und alle Korrespondenten, deren Visaverfahren laufen, tatsächlich eine Aufenthaltserlaubnis für 2014 bekommen", hieß es in der Erklärung des Auslandskorrespondentenclubs. Die Polizei hatte bisher auch die Bearbeitung von Visa-Anträgen verweigert und so verhindert, dass Fristen eingehalten werden konnten.
"Versuch der Einschüchterung"
Die beispiellose Verschleppung der Arbeitserlaubnis von so vielen Journalisten auf einmal werteten Beobachter als "Versuch der Einschüchterung". "Der Angriff auf ausländische Medien zeigt, dass Präsident Xi Jinping eine der schärfsten Unterdrückungskampagnen in China seit mehr als zwei Jahrzehnten anführt", sagte der kritische amerikanische China-Kenner Gordon Chang.
Pekings Haltung zur Kontrolle der öffentlichen Meinung habe sich deutlich verhärtet, sagte auch der Medien-Experte David Bandurski vom "China Media Project" an der Universität Hongkong. Aufgrund der sozialen Medien werde die Zensur immer schwerer. "Es geht nicht mehr nur um die Kontrolle der heimischen Berichte auf Chinesisch", sagte Bandurski. "Die Mauer zwischen internationalen und heimischen Berichten über China fällt."
Berichte über große Reichtümer der Familien von Spitzenpolitikern aus dem Ausland erreichten das chinesische Publikum in Minuten. "Die Führung packt das Problem im Moment damit an, dass gedroht wird, schädliche Informationen schon an der Quelle zu stoppen", sagte der Experte. Ausländischen Journalisten werde es schwer, wenn nicht gar unmöglich gemacht, diese Geschichten eingehend zu recherchieren.
Die Partei betrachte die Meinungsführerschaft "als Frage von Leben und Tod". "Es gibt keinen Spielraum für Kompromisse." In der Partei sei die Rede davon, dass die Führer "ihre Schwerter zeigen" müssten, sagte Bandurski.
Ideologie-Prüfung notwendig
Chinesische Journalisten müssen künftig sogar eine Ideologie-Prüfung der Regierung ablegen. Vorgesehen sind in dem auf mindestens 18 Stunden angelegten Kurs Themen wie marxistische Nachrichtenwerte oder der Sozialismus chinesischer Prägung. Die Grundlage bildet ein 700 Seiten starkes Lehrbuch, in dem zahlreiche Anweisungen festgehalten sind. Demnach ist es ausnahmslos verboten, Kommentare gegen die Linie der herrschenden Kommunistischen Partei zu veröffentlichen. Die Partei führe die Presse, heißt es. Staatliche Medien berichteten, es sei das erste Mal, dass Reporter massenhaft einen derartigen Test ablegen müssten.
Mit dem Vorgehen verstärken die Behörden unter Führung des neuen Präsidenten Xi Jinping ihre Kontrolle über die Medien. Zwar sind staatliche Medien traditionell das Sprachrohr der Regierung. In den vergangenen Jahren wurden aber Journalisten mehr Freiheiten eingeräumt.
Beobachter gehen davon aus, dass ein Streik bei der regierungskritischen Zeitung "Southern Weekly" im Januar den Ausschlag für die Einführung des Tests gab. Journalisten müssen die Prüfungen im Januar oder Februar ablegen, um ihren Presseausweis zu behalten. Redakteure, die sie nicht bestehen, müssen den Kurs und den Test erneut absolvieren.
Quelle: ntv.de, lsc/rts/Andreas Landwehr, dpa