Politik

Hannelore Kraft bei "Brigitte" Die Frau, die sich nicht traut

Darf's noch was sein? Hannelore Kraft

Darf's noch was sein? Hannelore Kraft

(Foto: Sebastian Semmer für BRIGITTE)

Angela Merkel verriet "Brigitte" im vergangenen Jahr überraschende Details über ihr Privatleben. Hannelore Kraft bekennt nun: Sie sei Morgenmuffel und gehe in die Muckibude. Die brisanteste Frage beantwortet sie nicht.

Kurz bevor es losgeht, kommt er: Der Satz, der, wenn schon nicht gesagt, unbedingt gezeigt werden muss. Auf der Leinwand steht jetzt eingeblendet: "Wofür brauchen wir die Männer denn noch?" Mehrere Frauen applaudieren und wippen mit den Schultern rhythmisch zur Musik. Dann betritt Hannelore Kraft mit zwei Journalistinnen der Zeitschrift "Brigitte" die Bühne. "Die Stunde der Frauen" kann beginnen.

Eines muss man der "Brigitte" lassen. Regelmäßig holt sie die wichtigsten deutschen Politikerinnen in ihre Gesprächsrunde. Hier offenbarte Angela Merkel im vergangenen Jahr, bei Männern vor allem auf die Augen zu achten. Hier verriet Ursula von der Leyen, wie sie ihren späteren Mann ansprach, indem sie Hilfe beim Wechseln der Reifen anbot. Was von dem Abend mit der NRW-Ministerpräsidentin wohl bleiben wird?

Eines bedauerlicherweise nicht: die Antwort auf die wohl spannendste Frage, die Kraft umgibt. Gilt die Frau aus Mülheim an der Ruhr vielen doch als die Lösung auf die schwelende Dauerkrise der deutschen Sozialdemokraten. Wann kommt er also endlich, der Umzug von Düsseldorf nach Berlin, der für viele aber eigentlich nur logische Wechsel von der Landes- in die Bundespolitik, den sie bisher kategorisch ablehnt?

"Gut gelebt und alles mitgenommen"

Als die Frage schließlich kommt, laviert Kraft: wortreich, ohne zu antworten. Sie verkörpere einen neuen, langfristigen Stil, eine "präventive, vorbeugende Politik", erklärt sie. Ihr gehe es darum, was für die Menschen gut sei. "Mich interessiert nicht die nächste Karrierestufe, das ist männliches Denken", sagt sie stolz. Zufriedene Gesichter in der Runde, keine weiteren Nachfragen. So einfach ist das also.

Es soll ja auch nicht hauptsächlich um Politik gehen an diesem Abend. Der 53-Jährigen, die in den 90ern als Unternehmensberaterin in die Politik wechselte, scheint das nicht ganz ungelegen zu kommen. Im Mittelpunkt ihres Auftritts stehen andere Themen - ein Blick auf den Menschen, vermeintliche Nebensächlichkeiten, die dennoch durchaus unterhaltsam sein können. Kraft geizt dabei nicht mit Details.

Kostprobe? Sie ist ein Morgenmuffel, die mit Pfefferminztee und Kaffee in den Tag startet und jeden Montag mit sich kämpfen muss, wenn sie mit der ersten Maschine in die Hauptstadt fliegt. Sonntag ist Familientag und reserviert für die Liebsten. Natürlich auch für ihren Mann, den Kraft 31-jährig zu Weiberfastnacht in einer Weinkneipe näher kennenlernte. "Wir kannten uns eigentlich schon seit Kindesbeinen, aber ich hatte ihn nicht in guter Erinnerung", erzählt sie. "Er gehörte zu denen, die früher immer die Mädchen geärgert haben, zum Beispiel mit Juckpulver."

Probleme mit dem Älterwerden hat Kraft nicht. Sie möchte nicht mehr 20 sein, sagt sie. Die 30er - mit Lebensplanung, sesshaft werden und wichtigen Entscheidungen - seien anstrengend gewesen. Sie fühle sich pudelwohl und habe mit Sicherheit nichts verpasst. "Gut gelebt und alles mitgenommen", sagt Kraft vieldeutig. Leider nennt sie nur ein Beispiel: Statt zu einer Prüfung anzutreten, sei sie einmal surfen gegangen.

"Danach bist du fertig wie eine Wurst"

Auch heute setzt die SPD-Vizechefin zur Ablenkung auf Sport. Sie geht in die Muckibude, "für den Rücken, weil ich so viel sitzen muss". Seit dem Sommer geht sie außerdem regelmäßig schwimmen, hat sich in Eigenregie Kraulen beigebracht. In den letzten Urlauben versuchte sie sich an slacklinen und bosseln, einer Art Outdoor-Kegeln. Zu ihrem 60. will sie in ein paar Jahren Gleitschirmfliegen. Diese Frau hat also noch was vor - zumindest privat.

Mit ihrem Job hadert Kraft kein bisschen, sie habe "einen fantastischen Beruf". Im Wahlkampf könne sie ihren leeren Akku deshalb besonders gut aufladen. Wieder erscheint ein neues Bild auf der Leinwand, diesmal aus dem Wahlkampf 2012: Kraft steht mit Schürze hinter einer Metzgertheke mit "Darf's-noch-was-sein-Blick". "Die hatten 40 Sorten Salami, was da an einem Tag über die Theke geht", erinnert sie sich. Eine Stunde habe sie an der Kasse gesessen, "danach bist du fertig wie eine Wurst". Der Kontakt zu den Realitäten sei ihr wichtig, er helfe, die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen.

Ihr Stil? "Sehr direkt, nicht hinten rum", sagt sie, manche Menschen erschrecke das, aber sie komme eben aus dem Ruhrgebiet. "Da ist man halt so." Ehrgeizig, selbstbewusst und trotzdem irgendwie auf dem Boden geblieben: Kann diese Frau überhaupt irgendetwas aus der Ruhe bringen? An diesem Abend jedenfalls nicht. "Wenn es schwer wird, stachelt mich das eher an", sagt Hannelore Kraft, die Frauen gern auffordert mutiger zu sein. Ihre SPD will sie in Berlin dennoch partout nicht aus der Krise führen. Es gibt ja auch Wichtigeres.

Quelle: ntv.de

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