Politik

NPD hat auf einmal Chancen in Europa Die Null muss stehen

Jusos auf einer Demo gegen die NPD.

Jusos auf einer Demo gegen die NPD.

(Foto: REUTERS)

Mit der Hürde für die Europawahl fällt auch der Schutzwall gegen die NPD. Nur noch mit einer hohen Wahlbeteiligung können die Extremisten von Brüssel ferngehalten werden. Dazu müsste sich einiges ändern.

Man kann es den Wählern nicht übel nehmen, dass sie die Europawahl oft nicht ernst genommen haben. In Brüssel und Straßburg werden ständig Kompromisse in übergroßen Koalitionen ausgehandelt. Da spielt es kaum eine Rolle, welche Fraktion gestärkt und welche geschwächt wird. Bei der Bundestagswahl kann es von wenigen Stimmen abhängen, in welche Richtung das Land steuert. Die Europawahl ändert die Grundausrichtung der EU dagegen nur in sehr kleinen Schritten.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem heutigen Urteil einen neuen Grund geschaffen, die Europawahl ernst zu nehmen. Denn durch das Absägen der Drei-Prozent-Hürde ist die Gefahr so groß wie nie, dass bei einer bundesweiten Wahl auch rechtsextreme Parteien Sitze ergattern können. Die größte Gefahr geht dabei von der NPD aus: Wenn sie ihr Ergebnis der Bundestagswahl wiederholen kann, zieht ihr Spitzenkandidat Udo Voigt in das Europaparlament ein. Damit hätte er eine Position und einen Mitarbeiterstab, die den NPD-Bundesverband stärken würden.

Große Parteien malen Schwarz-Weiß

Da 96 der Parlamentssitze an deutsche Politiker vergeben werden, reicht ohne Hürde etwa 1 Prozent der Stimmen, um einen der Sitze zu bekommen. Durch Rundungsfehler kann die faktische Hürde sogar deutlich niedriger liegen. Dass Freie Wähler und Piraten einige Sitze erhalten, kann damit als sicher gelten. Sie werden sich wohl mit anderen Parteien zusammentun und normal mitarbeiten. Auch die NPD wird die Prozesse in Europa nicht aufhalten können. Und das wäre der einzige Grund, eine Hürde vor den Einzug ins Parlament zu setzen, ansonsten gilt die Chancengleichheit. Darum ist das Urteil konsequent. Peinlich wäre sie dort schon.

Wollen die großen deutschen Parteien diese Peinlichkeit vermeiden, dürfen sie nicht in ihr altes Muster verfallen: CDU, SPD, Grüne und FDP versuchen jeweils, sich als die besten Europäer darzustellen - ganz gleich, welche Politik in Europa gemacht wird. Die Wähler erreichen sie damit nicht.

Für eine solche Schwarz-Weiß-Malerei ist die EU auch viel zu wichtig geworden. Wie Gen-Food gekennzeichnet, Autos zugelassen und Banken reguliert werden, wird längst nicht mehr in Berlin, sondern in Brüssel entschieden. Es gibt also genug zu streiten vor dieser Wahl und es ist wichtig, wer aus Deutschland an den Verhandlungen zu diesen Fragen teilnimmt.

Bei den letzten Europawahlen ging es dagegen kaum um europäische Politik: Die Opposition wollte die Regierung abstrafen lassen, die Regierung nahm das hin und erklärte die Wahl für nicht so wichtig. Plakatiert wurden oft nicht die Kandidaten für Europa, sondern prominente Politiker aus Berlin.

Wahl ist anders als vorherige

Es gibt die Chance, dass dies nun etwas anders wird: Erstens hat das Parlament nun das Recht, den Kommissionspräsidenten zu wählen und kann damit die EU-Politik für die nächsten fünf Jahre viel deutlicher mitgestalten. Zweitens haben die europäischen Parteienbündnisse Spitzenkandidaten aufgestellt, die in allen Ländern präsent sein sollen und auch in einem TV-Duell gegeneinander antreten werden. Das simple Schema "dafür oder dagegen" könnten sie damit aufbrechen.

Kleine Parteien können ihre Anhänger stärker zum Wählen motivieren. Darum schadet ihnen eine hohe Wahlbeteiligung. Das heißt: Je mehr Menschen am 25. Mai zur Wahl gehen, desto wahrscheinlicher ist, dass die NPD deutlich weniger als 1 Prozent der Stimmen bekommt und draußen bleibt. Die Null vor dem Komma muss stehen.

Quelle: ntv.de

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