Politik

Guttenberg und die Plagiatsaffäre "Eine ganz schlechte Strategie"

Guttenberg wehrt sich bislang gegen den Vorwurf, bewusst getäuscht zu haben.

Guttenberg wehrt sich bislang gegen den Vorwurf, bewusst getäuscht zu haben.

(Foto: REUTERS)

Nun wird es auch offiziell durch die Uni Bayreuth bestätigt: Karl-Theodor zu Guttenberg hat bei seiner Doktorarbeit vorsätzlich getäuscht. Der Präsident des Ethikverbands der Deutschen Wirtschaft, Ulf Posé, kritisiert besonders die Verteidigungsstrategie des ehemaligen Verteidigungsministers. Guttenberg hätte viel eher seine Schummeleien eingestehen sollen, so Posé im Gespräch mit n-tv.

n-tv: Jetzt haben ja viele schon mal im Großen oder im Kleinen geschummelt. Warum ist es so bedeutsam, wenn es eben jetzt zwei Politiker sind, die der Schummelei zumindest verdächtigt werden?

Ulf Posé: Es ist immer bedeutend, wenn wichtige Persönlichkeiten moralisches Fehlverhalten zeigen. Das ist etwas, was die Öffentlichkeit ärgert, aufregt – und es ist gleichzeitig etwas, auf das man mit dem Finger zeigen kann. Man darf auch nicht unterschätzen, dass Herr zu Guttenberg - eine Sündenbock-Figur jetzt - etwas ist, das uns guttut. Wir fühlen uns gut, weil wir nicht so sind wie er und wir zeigen auf ihn und das gibt uns ein gutes moralisches Empfinden. Zumindest hat das Goethe so beschrieben in 'Dichtung und Wahrheit', als er von 'wohligem Tadel' sprach.

Was glauben Sie, wie nachhaltig werden die Spuren sein, die diese Affäre hinterlässt, gerade wenn man sich die Glaubwürdigkeit der Politiker ansieht?

Die Glaubwürdigkeit der Politiker hat immer wieder mal gelitten. Wir hatten auch einmal einen Fall eines Politikers, der in alkoholisiertem Zustand einen Menschen totgefahren hat. Auch er ist zurückgekehrt. Also – irgendwie gewinnen auch wieder Menschen an Glaubwürdigkeit zurück und sie brauchen eine zweite Chance. Es wäre unfair, einen Menschen in Bausch und Bogen für sein ganzes Leben zu verurteilen. Auch das ist nicht in Ordnung, auch moralisch und ethisch nicht in Ordnung. Ich weiß nicht, was passieren wird. Ich weiß nicht, ob Herr zu Guttenberg wieder eine Chance bekommt.

Was glauben Sie, was ist eigentlich das Schlimmere gewesen: dass Guttenberg geschummelt hat bei der Doktorarbeit oder dass er es danach nicht sofort zugegeben hat?

Der zweite Punkt ist viel schlimmer. Denn das ist das, was uns am meisten aufregt, in der Wirtschaft und in der Politik. Wenn jemand sich danebenbenimmt – ok, das ist nicht in Ordnung. Aber dann so zu tun, als sei nichts passiert und immer nur das bekanntzugeben, was sowieso schon jeder weiß, das halte ich für eine ganz schlechte Strategie. Man muss die Karten auf den Tisch legen, denn dann dauert der Prozess nicht so lange und das Verzeihen beginnt früher.

Ulf Posé ist Präsident des Ethikrates der Deutschen Wirtschaft.

Ulf Posé ist Präsident des Ethikrates der Deutschen Wirtschaft.

Aber glauben Sie denn, dass ein Politiker in Deutschland wirklich eine Chance gehabt hätte, wenn er diese Schummelei eingestanden hätte?

Nun, es wäre in meiner Wahrnehmung auf jeden Fall viel honoriger gewesen als diese Verteidigungslinie, die nichts anderes war als: ich sage nur das, was sowieso schon bekannt ist.

Quelle: ntv.de

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