Politik

Andrea FischerErste Grünen-Bundesministerin wirft das Handtuch

09.01.2001, 18:07 Uhr

Die BSE-Krise in Deutschland wurde für die vielgeprüfte Gesundheitsministerin Andrea Fischer der Stolperstein.

Von Anfang an wurde der mit 38 Jahren jüngsten Ministerin im Kabinett von Gerhard Schröder (SPD) das Prädikat "überfordert" angeheftet. Ein vorausgesagter vorzeitiger Abgang stand allerdings im Zusammenhang mit ihrer heftig umstrittenen Gesundheitsreform. Dann tauchten in deutschen Ställen die ersten BSE-Fälle auf. Eine Zeitlang stand die erste Bundesministerin der Grünen noch ganz gut da - ihre Parteiführung hatte ihr empfohlen, die Krise zu nutzen und sich als Verbraucherschützerin zu profilieren.

Im Gegensatz zu ihrem ebenfalls unter starkem Druck stehenden Agrar-Kollegen Karl-Heinz Funke (SPD) setzte sie auf Offenheit. Bis ihr kurz vor Weihnachten ein verhängnisvoller Fehler unterlief: Als in ihrem Ministerium bereits ein Gutachten kursierte, das vor der Verwendung von so genanntem Separatorenfleisch bei der Wurstherstellung warnte, sagte sie, dass deutsche Wurst sicher sei. Und so musste sie Fehler im Management ihres eigenen Hauses eingestehen und auch, dass sie nicht alle Akten kannte.

Sozialpolitisch engagiert

Andrea Fischer war 1998 als erste Grünen-Ministerin in ein Bundeskabinett eingezogen. Die Sozialpolitik war ihr sozusagen in die Wiege im Sauerland gelegt worden. Andrea Fischer kommt aus einem katholischen Elternhaus. Ihre Mutter leistete ehrenamtlich Sozialarbeit, der Vater war lange Zeit Mitglied im Vorstand der CDU-Sozialausschüsse in Nordrhein-Westfalen.

Den Grünen trat die gelernte Druckerin, Gewerkschafterin und studierte Volkswirtin 1985 bei. 1994 wurde sie Mitglied des Bundestages und war seither sozialpolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Binnen einer Legislaturperiode profilierte sich Fischer zum sozialpolitischen Aushängeschild ihrer Partei. In einem Grundsatzpapier mit dem Titel "Konturen einer bündnisgrünen Sozialpolitik" setzte sie sich deutlich von Vorstellungen der SPD ab. Ihre sozialpolitische Kompetenz wurde selbst von ihren politischen Gegnern kaum in Frage gestellt.

Die Frau mit dem Saxophon

Andrea Fischer spielt Bariton-Saxophon, weil sie "etwas haben muss, womit ich in eine andere Welt gelange". Nach ihrem Rücktritt dürfte sie wieder mehr Zeit für ihr Hobby haben. Und auch die Zigaretten, die sie wegen ihrer Vorbildfunktion zuletzt nur noch heimlich rauchte, kann sie künftig wieder öffentlich genießen. Auf die Frage, was sie machen würde, wenn sie ihr Ministeramt nicht mehr ausübe, hatte Andrea Fischer im Dezember in einem Interview gesagt: "Ganz etwas anderes."