Politik

Westerwelle und FDP in der Krise Experte rät zum Rücktritt

Auf dem traditionellen Dreikönigsball am Vorabend seiner Rede ist Westerwelle bestens gelaunt.

Auf dem traditionellen Dreikönigsball am Vorabend seiner Rede ist Westerwelle bestens gelaunt.

(Foto: REUTERS)

Forsa-Experte Matuschek sieht trotz des dramatischen Umfragetiefs der FDP eine Zukunft für Westerwelle als Parteichef - wenn dieser seinen Außenministerposten aufgibt. Derweil läuft sich die FDP für ihr Dreikönigstreffen warm. Generalsekretär Lindner dämpft die Erwartungen an die Westerwelle-Rede, Fraktionschefin Homburger kämpft um ihr Amt und Wirtschaftsminister Brüderle lässt sich feiern.

Peter Matuschek, Leiter für Politik- und Sozialforschung am Forsa-Institut, kann sich bei der krisengeschüttelten FDP auch weiterhin einen Parteichef Guido Westerwelle vorstellen. Dafür müsse sich dieser jedoch von seinem Kabinettsposten verabschieden. "Mittelfristig könnte es vielleicht helfen, wenn er sein Amt als Außenminister zur Verfügung stellt und sich ganz auf die Rolle als Parteivorsitzender konzentriert", sagte Matuschek n-tv.de.

Anders als seine Amtsvorgänger kann Westerwelle bisher als Außenminister bei den Bürgern nicht punkten. Matuschek kann sich vorstellen, dass der 49-Jährige den Fraktionsvorsitz im Bundestag übernimmt: "Dann könnte Westerwelle im Grunde eine ähnliche Rolle einnehmen wie Herbert Wehner damals bei der SPD. Er könnte versuchen, die Partei so aus dem Hintergrund zu ordnen".

Eine in Parteikreisen angedachte Öffnung der FDP hin zu den Sozialdemokraten bewertet Matuschek als kontraproduktiv: "Das wäre vor dem Hintergrund der politischen Ausrichtung der FDP-Wähler mit Sicherheit fatal. Bei der letzten Bundestagswahl konnte man vor allem bei den Anhängern der Union punkten. Und die wollten ja sicherstellen, dass es nicht zur Rot-Grün oder einem Linksbündnis kommt".

Einen Zusammenbruch der FDP durch mögliche Debakel bei den Landtagswahlen in 2011 hält der Demoskop für unwahrscheinlich: "Nach der Bundestagswahl 1994 gab es ja auch Wahlen, in denen sie aus mehreren Landtagen flog. In den Bundestag sind sie letztendlich trotzdem wieder eingezogen", so Matuschek.

Brüderle lässt sich feiern

Brüderle auf dem Landesparteitag der FDP in Stuttgart.

Brüderle auf dem Landesparteitag der FDP in Stuttgart.

(Foto: dpa)

Unterdessen findet in Baden-Württemberg der Landesparteitag der dortigen FDP statt, traditioneller Auftakt für das alljährliche Dreikönigstreffen der Bundes-FDP am 6. Januar in Stuttgart. Der stellvertretende Parteivorsitzende Rainer Brüderle rief die FDP dabei zur Geschlossenheit auf. Gleichzeitig warnte er die Liberalen davor, ihren "Markenkern" als Partei der Marktwirtschaft und des Mittestands zu verwässern.

"Ich halte nichts von einem Säuselliberalismus", rief Brüderle unter dem tosenden Beifall der Delegierten. Er verteidigte mit Nachdruck seinen wirtschaftspolitischen Kurs, der von manchen in der FDP als zu einseitig gesehen wird. Er verlangte auch Steuerentlastungen sobald wie möglich. "Das Thema bleibt, die Mitte der Gesellschaft zu entlasten. Das ist für mich unverzichtbar."

Mit seinen Äußerungen setzt Brüderle sich von FDP-Generalsekretär Christian Lindner und Gesundheitsminister Philipp Rösler ab, die die FDP inhaltlich und strategisch öffnen wollen. Brüderle, Lindner und Rösler gelten als mögliche Nachfolger von Westerwelle. Alle drei stützen den Parteivorsitzenden öffentlich jedoch.

Nach dem neuen kommt die FDP bundesweit auf 4 Prozent. Westerwelle fiel in der Beliebtheitsskala auf ein Rekordtief. In Baden-Württemberg wird ebenso wie in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im März gewählt. In allen drei Ländern drohen der FDP herbe Niederlagen - besonders schmerzhaft wäre der Verlust der Regierungsbeteiligung im Südwesten. Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, in dem die FDP immer im Landtag vertreten war, eine Niederlage dort wäre eine Katastrophe für die Liberalen.

Homburger kämpft um ihren Job

Homburger will Fraktionschefin bleiben.

Homburger will Fraktionschefin bleiben.

(Foto: dpa)

Während bislang kein führender FDP-Politiker öffentlich den Sturz Westerwelles betreibt, ist Fraktionschefin Birgit Homburger in die Schusslinie geraten. Unter Berufung auf "einflussreiche FDP-Kreise" berichtet die "Bild"-Zeitung, dass Homburger nach den Landtagswahlen im Frühjahr von Generalsekretär Christian Lindner oder NRW-Landeschef Daniel Bahr abgelöst werden könnte.

"Da versuchen jetzt natürlich alle möglichen Leute, Führungspersonal gegeneinander auszuspielen. Das ist in so einer aufgeheizten Situation aus meiner Sicht überhaupt nichts Besonderes", sagte Homburger, die auch Vorsitzende der baden-württembergischen FDP ist, am Rande des Landesparteitags in Stuttgart. "Die FDP-Bundestagsfraktion ist ein stabilisierender Faktor in dieser Koalition in Berlin. Und das ist auch mein Erfolg", so Homburger weiter.

Homburger hatte im vergangenen Juli bereits einen Dämpfer aus den eigenen Reihen erhalten. Bei der Wiederwahl als Chefin der Südwest- FDP bekam sie mit lediglich 66,8 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis. Damit machten die Delegierten ihrem Unmut über das Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition in Berlin Luft.

Lindner dämpft die Erwartungen

Lindner steht zu Westerwelle.

Lindner steht zu Westerwelle.

(Foto: dpa)

An diesem Donnerstag will FDP-Chef Westerwelle bei der Dreikönigskundgebung in Stuttgart darlegen, wie er die FDP im Wahljahr wieder auf Erfolgskurs bringen will. Zu dieser Rede gibt es in der FDP unterschiedliche Erwartungen. Westerwelle werde "eine kämpferische Rede halten und deutlich machen, wo die FDP inhaltlich steht", sagte Homburger. "Ich bin überzeugt, dass er mit einer solchen kämpferischen Rede nicht nur im Staatstheater überzeugen, sondern auch nach draußen wirken wird."

Dagegen sagte Generalsekretär Lindner der "Welt", er halte nichts davon, Westerwelles Auftritt "zu einer Schicksalsrede hochzujazzen". Forderungen aus den eigenen Reihen, Westerwelle müsse in Stuttgart die Rede seines Lebens halten, nannte Lindner unangemessen. "Dieser Auftritt ist ein Baustein dafür, die FDP in diesem Frühjahr wieder erfolgreich zu machen", sagte er, "aber nicht der alleinige".

Seehofer sorgt sich um die FDP

Für Aufregung in der FDP sorgten derweil Äußerungen des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. Dieser hatte in der "Süddeutschen Zeitung" die FDP für das schwache Erscheinungsbild der Koalition verantwortlich gemacht. "Das Problem ist im Moment die Situation bei den Liberalen", sagte der CSU-Chef. Allerdings fand er auch lobende Worte für Westerwelle. "Für mich gehört er zu den ganz starken Figuren des deutschen Liberalismus", sagte Seehofer. Auch habe er die Hoffnung, dass sich die FDP noch stabilisieren werde.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte dazu, Seehofers Äußerungen seien "vollkommen falsch, einseitig und unberechtigt". Andere FDP-Politiker attackierten ihrerseits die CSU. "Der Stil der Auseinandersetzung, die Töne, die die CSU auf Bundesebene anschlägt, sind nicht immer förderlich für die Koalition", beklagte der bayerische Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Martin Zeil in der "Passauer Neuen Presse". Jede Partei müsse sich profilieren, dabei dürfe man aber "nicht die Grenze der persönlichen Verunglimpfung überschreiten", so Zeil. So sei etwa der von der CSU immer wieder erhobene Vorwurf, Leutheusser tue nicht genug für die innere Sicherheit, kaum mehr zu ertragen.

Quelle: ntv.de, hvo/mkr/jmü/rts/dpa/AFP

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