Politik

Bundeswehr-SkandalFahnenjunker gefeuert

17.04.2007, 10:36 Uhr

Nach der Entgleisung bei der Ausbildung von Rekruten in Rendsburg wird der verantwortliche Soldat fristlos entlassen.

Die Bundeswehr hat den Offizieranwärter fristlos entlassen, der bei einer Rekruten-Ausbildung Afroamerikaner aus der New Yorker Bronx zum Feindbild gemacht hat. Das Dienstverhältnis des Anfang 20-Jährigen wurde aufgelöst, wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte. Der Fahnenjunker aus Rendsburg (Schleswig-Holstein) verliert seinen Dienstgrad und Anspruch auf Dienstbezüge. Die Kieler Staatsanwaltschaft leitete ein Vorprüfungsverfahren ein. "Wir prüfen, ob der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt ist", sagte ein Sprecher der dpa.

Angeblich Einzelfall

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, sprach bei einem länger geplanten Treffen mit Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) über den Fall, teilte das Ministerium mit. Jung äußerte sich öffentlich nicht zu dem Vorgang, der in den USA Empörung ausgelöst hat. Der Bürgermeister des New Yorker Stadtteils Bronx, Adolfo Carrion, fordert von Deutschland eine Entschuldigung. Robbe stufte die Parolen des Ausbilders als rassistisch, aber als Einzelfall ein.

Prinzipien der Bundeswehr

Der Kommandeur des Zentrums für Innere Führung in Koblenz, General Alois Bach, sagte, es müsse hinterfragt werden, warum der Soldat die Prinzipien der Bundeswehr, die sich auf das Grundgesetz stützten, nicht angewandt habe. Die Bundeswehr wolle Soldaten, die nach den Werten handelten, die sie verteidigen sollen.

Dienstpflicht schuldhaft verletzt

Der Ausbilder hatte im Juli 2006 in der Feldwebel-Schmid-Kaserne in Rendsburg einem Rekruten ein fiktives "Feuern" mit dem Maschinengewehr auf Afroamerikaner aus der Bronx befohlen. Ein weiterer Ausbilder filmte die Szene. Gegen ihn wird weiter ermittelt. Das Ministerium hatte von dem Vorfall im Januar erfahren, nachdem ein Soldat das Video seinem Vorgesetzten gegeben hatte.

Die Entlassung des Soldaten erfolge nach Paragraf 55 des Soldatengesetzes, sagte der Ministeriumssprecher. Danach sei bei einem Soldaten auf Zeit in den ersten vier Dienstjahren eine fristlose Entlassung möglich, wenn er seine Dienstpflicht schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde.

Einladung in die Bronx

Carrion sagte der "Rheinischen Post" zu dem Vorfall: "Das ist barbarisch. Ganz klar, diese Burschen wissen gar nichts, weder über Afroamerikaner noch über die Bronx." Deutschland müsse die Menschen seines Viertels um Verzeihung bitten. Carrion lud Soldaten der Bundeswehr in seinen Stadtteil ein. "Ich werde sie herumfahren, damit sie sehen, wie die Bronx wirklich ist", sagte er.

Ausbildungsreform gefordert

Zuvor hatte der Rendsburger Bürgermeister, Andreas Breitner (SPD), Carrion eingeladen, damit er sich davon überzeugen könne, dass Deutschland, Rendsburg und die Bundeswehr anders seien als er vermute. Zur Entlassung des Soldaten sagte er, in einer weltoffenen und toleranten Bundeswehr hätten solche Soldaten nichts zu suchen.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, forderte eine Reform der Ausbildung in der Truppe. Die Entgleisung sei "zusätzlicher Beleg dafür, dass es in der Bundeswehr eine Führungsschwäche gibt", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Die Führungsaufsicht müsse verstärkt und Verfehlungen müssten konsequenter geahndet werden. Vielen Führungskräften fehle die Nähe zur Truppe.