Politik

Legale Sterbehilfe durch Ärzte Gegner befürchten Dammbruch

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Umstritten: Wer soll was dürfen?

(Foto: dapd)

Sterbehilfe von Ärzten und Pflegern bei Fremden? Verboten. Bei Verwandten? Erlaubt. So sieht es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Es rollt die nächste Kritikwelle. Die Katholische Kirche fürchtet die Folgen, auch in den Reihen der Union regt sich Widerstand gegen den "Dammbruch zur aktiven Sterbehilfe".

In der Debatte um die Strafbarkeit der Sterbehilfe hat die katholische Kirche massive Kritik am Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) geübt. "Man kann nur hoffen, dass sich der Entwurf des Bundesjustizministeriums nicht im Kabinett durchsetzt", sagte Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, den "Stuttgarter Nachrichten".

Dem Entwurf zufolge soll gewerbliche Sterbehilfe mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Ungeahndet bleiben soll dagegen Beihilfe durch Angehörige und andere nahestehende Personen, auch wenn diese Ärzte oder Pflegekräfte sind. Man könne davon ausgehen, "dass jede Form der Sterbehilfe, nicht nur die gewerbsmäßige, (...) zur Normalisierung der Inanspruchnahme einer solchen Dienstleistung beiträgt", kritisierte der Sprecher der Bischofskonferenz.

Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) warnte vor einem "Dammbruch hin zur aktiven Sterbehilfe" und forderte, den Gesetzentwurf schnellstens wieder fallen zu lassen. "Wir wollen nicht zulassen, dass menschliches Leben in irgendeiner Art und Weise verfügbar gemacht wird", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

"Rote Linie überschritten"

Widerstand kündigte auch der CSU-Sozialpolitiker Norbert Geis an. "Damit ist eine rote Linie überschritten. Da wird eine Tür geöffnet. Es darf keine Straffreiheit für Beihilfe zur Tötung geben", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Dieses Gesetz bringt unser gesamtes Rechtsgefüge durcheinander, in dem das Recht auf Leben zu den höchsten Gütern gehört und für niemanden verfügbar sein darf."

Nachbesserungen regte der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, Jens Ackermann, an. "Wer bestraft wird und wer nicht, das müssen wir noch genauer klären", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es müsse konkretisiert werden, wer eine dem Suizidwilligen "nahe stehende Person" sei. "Aus meiner Sicht kann das nur der Betroffene selbst vorher schriftlich verfügen", sagte der FDP-Politiker.

Auch der Rechts- und Gesundheitsexperte Edgar Franke (SPD) nannte es problematisch, die Straffreiheit bei Sterbehilfehandlungen von Ärzten auszudehnen, die eine länger andauernde Beziehung zu den Betroffenen hätten. "Diese Differenzierung ist in der Praxis nur schwer möglich, zumal das Berufsrecht der Ärzte die aktive Sterbehilfe bisher eindeutig verbietet", sagte Franke der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Wirbel um Justizressort

Nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Günter Krings hat die Bundesjustizministerin mit dem Gesetzentwurf nur eine "Teilerfüllung" der Koalitionsabsprache geliefert. "Nach unserem Verständnis gehört zu der Verabredung auch ein Werbeverbot für Sterbehelfer", sagte Krings der "Rheinischen Post". Deshalb müsse der Entwurf "auch an dieser Stelle nachgebessert werden", betonte der CDU-Politiker.

Das Bundesjustizministerium hatte seinen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe zuvor gegen Kritik verteidigt. "Es wird nicht mehr erlaubt als bislang", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP). "Künftig soll der bestraft werden, der Hilfe zum Suizid anbietet, um damit Gewinne zu erzielen." Es werde kein Strafrecht abgeschafft, sondern neues Recht eingeführt. "Für die Ärzte ändert sich nichts", betonte Stadler.

Auf ein Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe hatte sich die schwarz-gelbe Koalition im Grundsatz bereits im Herbst 2009 geeinigt.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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