Schlichtungsversuch für Stuttgart 21 Geißler will "Bau-Unterbrechung"
12.10.2010, 16:06 UhrFür den Schlichter im Streit um Stuttgart 21, Geißler, werden die Spielräume nach dem klaren Nein der Bahn zu einem Baustopp enger. Wenn der Baustopp Bau-Unterbrechung heißen könnte, könnte sich Geißler Fortschritte vorstellen.
Im Tauziehen um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" will Schlichter Heiner Geißler bei der Deutschen Bahn eine "Bau-Unterbrechung" erreichen, um die Projektträger und Gegner für eine Schlichtung doch noch an einen Tisch zu bringen. Dies sei eine Bedingung des Aktionsbündnisses, damit die Gespräche stattfinden könnten, sagte Geißler nach einem ersten Treffen mit den Projektgegnern.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses und Stuttgarter Stadtrat, Hannes Rockenbauch, sagte, dass während der Vermittlungsgespräche "keine Fakten geschaffen werden dürfen". Dies bedeute auch einen Baustopp für das geplante Gebäude zum Grundwassermanagement. Zudem dürfe die Bahn keine Bauaufträge vergeben und sie müsse alle Fakten und Zahlen auf den Tisch legen.
Im Bündnis sei man sich zudem einig, dass die Bahn alle Zahlen zur Kosten-Nutzen-Rechnung des Projekts in einer für die Bürger verständlichen Art aufdecken müsse, sagte Rockenbauch. Zudem müssten Ausstiegsgespräche möglich sein und die Bedingungen und Kosten dafür geklärt werden. "Dies geben wir Heiner Geißler mit auf den Weg", sagte Rockenbauch.
Weitere Gespräche noch in dieser Woche
Geißler will nun in den nächsten Tagen mit Bahn-Chef Rüdiger Grube und der Landesregierung die Vorbedingungen der Projektgegner erörtern. Möglicherweise könnten die Gespräche dann noch in dieser Woche fortgeführt werden, sagte Geißler. Das Wort "Baustopp" werde er nicht mehr nutzen, er habe gelernt, dass dies ein "Kampfbegriff" sei.
Grube hatte einen Baustopp am Montagabend nochmals kategorisch abgelehnt. Der Bahnchef sagte bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer: "Es kann und darf keinen Baustopp und keinen Vergabestopp geben." Die Bahn sei Verträge eingegangen, die sie "abarbeiten" müsse. Zudem müsse die Betonplatte für das Fundament des sogenannten Grundwassermanagements noch vor Beginn der Frostperiode gegossen werden. Ein Baustopp koste die Bahn zusätzlich rund zehn Millionen Euro im Monat.
"Merkel hat ein Problem"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Gerd Langguth auch aus Parteiinteressen an Stuttgart 21 fest. "Frau Merkel hat ein Problem: Wenn sie sich nicht aktiv hinter das Projekt und die CDU Baden-Württemberg stellt, würde ihr im Falle eines Regierungsverlustes bei der Landtagswahl im März mangelnde Unterstützung vorgeworfen werden."
Die Gespräche über das umstrittene Bahnprojekt werden nach Expertenansicht durch die Taktiererei der Beteiligten erschwert. "Da wird mittlerweile jedes Wort auf die Waagschale gelegt und gleich losinterpretiert: Was könnte das bedeuten im Hinblick auf die mögliche Einigungsfähigkeit der beiden Lager?", sagte der Kommunikationsexperte Frank Brettschneider von der Stuttgarter Universität Hohenheim. Eine zunehmende Rolle spiele jetzt bereits die im März anstehende Landtagswahl. "Die eigentliche Diskussion um die Chancen und Risiken von Stuttgart 21 bleibt immer mehr auf der Strecke.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa