Chef der Bundespolizei wird gefeuert Gewerkschaft spricht von Rufmord
29.07.2012, 04:36 Uhr
Bundespolizeichef Seeger (l.) mit Innenminister Friedrich. Grund für den Personalwechsel sei unter anderem ein gestörtes Vertrauensverhältnis.
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Bundesinnenminister Friedrich will die Führungsetage der Bundespolizei ersetzen und löst damit heftige Kritik aus. Die Polizeigewerkschaft (GDP) wirft ihm vor, den Ruf der Spitzenbeamten zu beschmutzen und sie mit "falschen Verdächtigungen" zu verleumden.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die politische Führung wegen der geplanten Ablösung der Bundespolizei-Spitze heftig kritisiert. Dieser Schritt werde die enormen Probleme der Bundespolizei nicht lösen, prophezeite der zuständige GdP-Bezirksvorsitzende Josef Scheuring. Die Ablösungsentscheidung, mit der Spitzenbeamte grundsätzlich rechnen müssten, sei im Falle von Bundespolizei-Chef Matthias Seeger zudem von einer "öffentlichen persönlichen Rufbeschmutzung" und "falschen Verdächtigungen" begleitet. Seeger waren über Medien Verbindungen zum autoritären Regime Weißrusslands vorgeworfen worden.
"Es gab unzweifelhaft Spannungen innerhalb der Führung und zum Bundesinnenministerium. Das mag zu der Ablösung führen, ist aber nicht Ursache der Probleme der Bundespolizei", sagte Scheuring.
Interna an die Öffentlichkeit geraten
Er beklagte eine wachsende Kluft zwischen immer mehr Aufgaben im In- und Ausland und immer weniger Geld und Personal. Das führe zu "einer extremen Überlastungssituation" und angesichts schlechterer Berufsperspektiven zu "massivem Frust" in der Bundespolizei. Dies alles sei bekannt, "ohne dass die politisch Verantwortlichen im Bundesinnenministerium, im Innen- und Haushaltsausschuss des Bundestages jedoch die notwendigen Umsteuerungen bisher vorgenommen hätten".
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU plant, die Spitze der Bundespolizei zum 1. August komplett auszutauschen. Wie aus Koalitionskreisen verlautet, wird Bundespolizeipräsident Matthias Seeger durch den Referatsleiter für Terrorismus-Bekämpfung im Innenministerium (BMI), Dieter Roman, ersetzt. Auch Seegers Stellvertreter Wolfgang Lohmann und Michael Frehse müssen gehen. Grund für den Personalwechsel sei unter anderem ein gestörtes Vertrauensverhältnis.
Es gebe große Unzufriedenheit darüber, dass die Bundespolizei immer wieder mit Interna in die Öffentlichkeit geraten sei, hieß es in den Kreisen. Der 57 Jahre alte Seeger amtierte seit 2008. Intern umstritten war er auch wegen seiner Kontakte zum autoritären Regime in Weißrussland. Der in Berlin erscheinende "Tagesspiegel" berichtete unter Berufung auf Experten, Seeger habe interne Konflikte bei der Bundespolizei nicht in den Griff bekommen.
Innenministerium will sich zu "Spekulationen" nicht äußern
"Focus Online" hatte über das Personalkarussell berichtet. Demnach sollen der Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder im BMI, Jürgen Schubert, und Ministerialrat Franz Palm, Haushaltsreferatsleiter in der Zentralabteilung des Ministeriums, neue Vizepräsidenten werden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin sagte auf Anfrage, das Ministerium gebe zu Personalspekulationen keine Stellungnahme ab.
Seeger soll am Montag offiziell über seine Ablösung informiert werden. Verkündet werden sollen die Personalien in der Kabinettssitzung an diesem Mittwoch. Auch die "Mitteldeutsche Zeitung" hatte über die bevorstehende Ablösung Seegers berichtet.
Der künftige Bundespolizeichef Roman war maßgeblich an der Razzia gegen radikal-islamische Salafisten Mitte Juni beteiligt. Dabei waren an 80 Orten in sieben Bundesländern zahlreiche Wohnungen, Vereinsräume und eine Moschee durchsucht worden.
Quelle: ntv.de, dpa