Politik

Merkel reist ohne Hebel-Mandat Haushälter billigen Euro-Leitlinien

Der Haushaltsausschuss des Bundestages stattet Bundeskanzlerin Merkel nur mit einem limitierten Mandat für die Verhandlungen über den Euro-Rettungsschirm EFSF am Sonntag in Brüssel aus. Er segnet zwar den vergrößerten Rettungsschirm mit seinem bisherigen Regelwerk ab. Doch das Votum für den umstrittenen Hebel-Mechanismus fehlt noch.

Mit schmalem Mandat reist Merkel nach Brüssel.

Mit schmalem Mandat reist Merkel nach Brüssel.

(Foto: dapd)

Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat das vorläufige Regelwerk zum 440 Milliarden Euro umfassenden Euro-Rettungsschirm EFSF gebilligt. Dieses enthält noch keine Angaben zu dem umstrittenen Kredithebel, mit dem die Schlagkraft des Schirms erhöht werden soll. Mit der Mehrheit von Union und FDP und gegen die Stimmen der Opposition wurden die sogenannten Leitlinien angenommen. Eine vorherige Bewertung der EFSF-Details durch Experten wurde abgelehnt. Die Opposition sprach von einem "Durchpeitschen".

Union und FDP betonten, eine rasche Billigung der Leitlinien sei notwendig, damit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestärkt und mit klarem Mandat am Wochenende beim EU-Gipfel auftreten könne.

Die Leitlinien - eine Art Gebrauchsanweisung für den Fonds - müssen auf EU-Ebene noch um Details ergänzt werden, wie die Schlagkraft des EFSF auf bis zu eine Billion Euro erhöht werden könnte. Dies soll bei einem EU-Gipfel in Brüssel am Wochenende vorbereitet und kommende Woche entschieden werden. Über einen Hebel muss der Haushaltsausschuss dann erneut befinden.

Der Ausschuss machte klar, dass es in keinem Fall zu Mehrkosten für den Steuerzahler kommen dürfe. "Die Gewährleistungsobergrenze von rund 211 Milliarden Euro für Deutschland und das Gesamtvolumen der Kreditvergabe der EFSF von 440 Milliarden Euro wird in jedem Fall eingehalten", heißt es in der Beschlussfassung.

Regierung lässt Bundestag außen vor

Ob der Bundestag doch noch in die Entscheidung eingebunden wird, ist unklar.

Ob der Bundestag doch noch in die Entscheidung eingebunden wird, ist unklar.

(Foto: dapd)

Zuvor waren Grünen im Parlament mit einem Antrag gescheitert, über den geplanten EFSF-Hebelmechanismus nicht nur den Haushaltsausschuss, sondern das gesamte Plenum entscheiden zu lassen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, für eine Befassung des gesamten Bundestags gebe es "überhaupt keine Grundlage", weil die vorgesehene Haftungsobergrenze Deutschlands von 211 Milliarden Euro auch durch einen sogenannten Hebel nicht verändert würde.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier äußerte allerdings Zweifel an dieser Auffassung. "Es wird nicht nur um die Frage der Haftungsobergrenze gehen, sondern auch um die Frage des Ausfallrisikos", sagte er. Sollte sich dieses durch einen Hebelmechanismus deutlich erhöhen, "dann ist es Angelegenheit des Bundestags, darüber erneut zu entscheiden". Zweifel an der Regierungslinie äußerte in Berlin zudem der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach: Sollte das Ausfallrisiko deutlich steigen, "dann ist es eine legitime Frage, ob darüber nicht der Bundestag als Ganzes entscheiden müsste".

Berlin und Paris bislang unversöhnlich

Merkel betont, der Streit ist überwindbar.

Merkel betont, der Streit ist überwindbar.

(Foto: dpa)

In der Debatte um die Ausgestaltung des Euro-Rettungsfonds EFSF beharrt die Bundesregierung weiter auf ihrem Nein zu der französischen Forderung nach einer Banklizenz für den Fonds. Eine solche Lösung komme aus deutscher Sicht nicht in Frage, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Er bemühte sich allerdings zugleich, die Meinungsverschiedenheiten mit Frankreich herunterzuspielen.

"Eine Banklizenz kommt für uns nicht in Betracht", sagte auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle in Berlin. Andernfalls würde der Rettungsfonds "Zugang zur Notenpresse" erhalten, was eine Gefahr für die Geldwertstabilität bedeute. Die Bundesregierung strebt statt der Banklizenz für den EFSF eine Versicherungslösung an. Diese soll private Investoren ermuntern, Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten zu kaufen. Im Fall einer Staatspleite müsste der Fonds dann allerdings einen Teil des Verlusts übernehmen.

Schäuble spricht von einer Einigung bis Anfang November.

Schäuble spricht von einer Einigung bis Anfang November.

(Foto: dpa)

Über die konkrete Ausgestaltung eines so genannten Hebelmechanismus, um die Wirkung des EFSF zu verstärken, sollte eigentlich bei dem EU-Gipfel am Wochenende in Brüssel entschieden werden. Am Donnerstag war jedoch bekannt geworden, dass es bei der Tagung wegen der deutsch-französischen Meinungsverschiedenheiten noch nicht zu einer Einigung kommen wird. Für kommenden Mittwoch wurde daher ein weiterer Gipfel angesetzt. Ob angesichts der gegensätzlichem Meinungen am Mittwoch Entscheidungen fallen können, ist offen. "Frankreich und Deutschland sind überhaupt nicht in den Positionen verhakt", sagte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Brüssel. Er rechnet bis spätestens zum G20-Gipfel Anfang November mit einem Paket zur Lösung der Euro-Schuldenkrise.

DGB auf Pariser Linie

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützte den französischen Vorschlag, den EFSF mit einer Banklizenz auszustatten. Dies sei die einzige Möglichkeit, Ruhe in die Eurozone zu bringen, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. Die Parteivize der Linken, Sahra Wagenknecht, warf Merkel vor, die deutsch-französischen Verhandlungen in eine Sackgasse manövriert zu haben. Eine Banklizenz für den EFSF lehnte aber auch sie ab.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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