Politik

Geheimdokumente über Irakkrieg Hunderte Zivilisten sterben an Checkpoints

Ein US-Militärpolizist stellt in Bagdad irakische Plünderer.

Ein US-Militärpolizist stellt in Bagdad irakische Plünderer.

(Foto: dpa)

Durch Wikileaks veröffentlichte Dokumente enthüllen offenbar die Tötung "hunderter irakischer Zivilisten an den US-Checkpoints". Das berichtet der arabische TV-Sender Al Dschasira und kündigt neue "aufsehenerregende Informationen über die Operationen der US-Truppen" an. Nato und USA zeigen sich besorgt über mögliche Enthüllungen.

Der arabische Fernsehsender Al Dschasira hat unter Berufung auf geheime US-Militärdokumente im Besitz der Internetplattform Wikileaks neue Informationen über den Irak-Krieg enthüllt. Die Dokumente belegten "zahlreiche Fälle von Folter und Missbrauch irakischer Häftlinge durch irakische Polizisten und Soldaten", berichtete der TV-Sender. Die USA hätten die staatlich sanktionierten Folterpraktiken vertuscht.

Die US-Armee habe laut den Militärdokumenten die Anweisung erhalten, nicht gegen die Folter einzuschreiten, berichtete Al Dschasira weiter unter Berufung auf Wikileaks. Ferner hieß es, während des Irak-Kriegs seien "hunderte Zivilisten an den Checkpoints der US-Armee" getötet worden. Entgegen Dementis von US-Seite habe die US-Armee während des gesamten Krieges eine Toten-Zählung geführt. Die Zahl der seit dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2003 getöteten Zivilisten sei "viel höher als offiziell angegeben", berichtete der Sender.

"Keine Anklage" gegen Blackwater

Wikileaks verfüge über insgesamt 400.000 Dokumente zum Irak-Krieg aus der Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2009. Daraus gehe unter anderem hervor, dass es weitere Fälle gebe, in denen die umstrittene private US-Sicherheitsfirma Blackwater Zivilisten getötet habe. "Es wurde niemals Anklage erhoben", erklärte Al Dschasira.

Der englische Kanal des katarischen Fernsehsenders kündigte an, ab 23.00 Uhr MESZ eine Serie von Sendungen mit den "aufsehenerregenden neuen Informationen über die Operationen der US-Truppen während des Irak-Kriegs" auszustrahlen. Wikileaks hatte zuvor eine Veröffentlichung zahlreicher geheimer US-Militärdokumente zum Irak-Krieg angekündigt.

"Das sind alles Nachrichten von gestern."

Die seit Tagen erwartete Veröffentlichung wird aus Pentagon-Sicht kaum Neues ans Licht bringen. "Da wird es wahrscheinlich keine großen Überraschungen geben", sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Major Chris Perrine. "Das sind alles Nachrichten von gestern." Über das meiste sei bereits "sehr, sehr ausführlich berichtet worden".

Ein US-Soldat bewacht eine brennende Ölquelle im Ölfeld Rumaila, die von irakischen Truppen beim Rückzug in Brand gesetzt worden war (Archivfoto).

Ein US-Soldat bewacht eine brennende Ölquelle im Ölfeld Rumaila, die von irakischen Truppen beim Rückzug in Brand gesetzt worden war (Archivfoto).

(Foto: dpa)

Nach tagelangen Medienberichten über eine angeblich geplante Veröffentlichung neuer Geheimdokumente auf der Internet-Plattform hatte Projekt-Gründer Julian Assange am Dienstag mitgeteilt, die Berichte seien falsch. Über Twitter kündigte WikiLeaks am Donnerstag jedoch eine "große Pressekonferenz in Europa" an.

Das Pentagon hat sich mit einer 120 Mann starken Taskforce auf die Veröffentlichung vorbereitet. Ziel sei es, "die möglichen Auswirkungen" zu ermitteln, wenn WikiLeaks die Militärakten ins Internet stellen sollte, hieß es vom Verteidigungsministerium.

Rasmussen äußert sich besorgt

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und das US-Verteidigungsministerium hatten sich zuvor besorgt über die bevorstehende Enthüllung neuer Unterlagen geäußert. Die Veröffentlichung geheimer Unterlagen könne "Soldaten und auch Zivilisten in Gefahr bringen", sagte Rasmussen in Berlin.

Pentagon-Sprecher Geoff Morrell warnte: "Durch die Veröffentlichung von derart sensiblen Informationen setzt Wikileaks weiterhin das Leben unserer Soldaten, ihrer Bündnispartner und der Iraker und Afghanen, die mit uns zusammenarbeiten, aufs Spiel."

Wikileaks hatte bereits im Juli 77.000 geheime US-Dokumente zur Lage in Afghanistan veröffentlicht. Die veröffentlichten Einsatzberichte zeichneten ein düsteres Bild von der Lage in Afghanistan.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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