Politik

Aufnahmeverfahren wird gestartet Island steht vor EU-Beitritt

Island ist auf seinem Weg in die Europäische Union einen Schritt vorangekommen: Einstimmig erteilten die EU-Außenminister der Europäischen Kommission in Brüssel den Auftrag, die EU-Tauglichkeit der Atlantikinsel zu prüfen. Europa-Staatsminister Günter Gloser zeigte sich zufrieden. "Die Bundesregierung begrüßt diesen Schritt ausdrücklich", sagte Gloser, der Außenminister Frank-Walter Steinmeier vertrat.

Island ist von der Finanzkrise schwer getroffen worden und hat in der Vorwoche einen Beitrittsantrag zur Gemeinschaft der 27 gestellt. Bei einem positiven Bescheid Brüssels müssten die EU-Staaten Reykjavik einstimmig Kandidatenstatus verleihen. Die Beitrittsverhandlungen könnten dann mehrere Jahre dauern. Am Rande des Treffens zeichnete sich Streit ab in der Frage, ob die Balkan-Länder, die ebenfalls in die EU streben, hinter Island zurückfallen könnten.

Der isländische Außenminister Ossur Skarphedinsson (links) bei der Übergabe von Islands Antrag auf die EU-Mitgliedschaft an Schwedens Außenminister Carl Bildt (rechts) in Stockholm am letzten Donnerstag.

Der isländische Außenminister Ossur Skarphedinsson (links) bei der Übergabe von Islands Antrag auf die EU-Mitgliedschaft an Schwedens Außenminister Carl Bildt (rechts) in Stockholm am letzten Donnerstag.

(Foto: REUTERS)

Die Analyse der Kommission könnte bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Erweiterungskommissar Olli Rehn wollte kein Datum nennen. "Wir haben den Auftrag erhalten, den Bericht so schnell wie möglich vorzulegen, und wir werden dies neutral und den Regeln entsprechend tun."

"Der Weg ist kürzer"

Die Atlantikinsel gehört bereits dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), der Europäischen Freihandelszone (EFTA) und dem grenzfreien Schengen-Raum an. Der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Carl Bildt betonte, Island habe damit auf dem Weg in die EU bereits eine weite Strecke zurückgelegt. "Es gibt keine Schnellspur für Island, aber der Weg ist kürzer."

Nach Worten von Rehn hat Island als Mitglied des EWR seine Gesetze bereits mit gut zwei Dritteln der EU-Gesetze in Einklang gebracht. Bildt warnte, es gebe bei der Agrar- oder Fischereipolitik noch "substanzelle Herausforderungen". Während in der EU etwa der Walfang verpönt ist, machen die Isländer kommerziell Jagd auf die Meeressäuger.

Österreich plädierte für einen parallelen Aufnahmeprozess Islands mit Kroatien und Albanien. "Ich glaube, dass man Ja zu Island sagen muss, aber auch Ja zu Kroatien und Albanien", forderte Außenminister Michael Spindelegger. Finnland lehnte dies entschieden ab.

Ein Streitpunkt bleibt der Walfang.

Ein Streitpunkt bleibt der Walfang.

(Foto: Reuters)

Bildt mahnte, die EU dürfe die Balkan-Staaten wie Serbien, Montenegro oder Albanien nicht vergessen, denen die EU schon vor langem den Beitritt in Aussicht gestellt hat. "Es gibt die Gefahr, dass die Länder zurückfallen", sagte er. Derzeit sind - neben der Türkei - Kroatien und Mazedonien bereits offizielle Kandidatenländer. Kroatien sollte eigentlich schon 2010 beitreten. Die Verhandlungen mit Kroatien sind indes seit Monaten durch den Nachbarn Slowenien wegen eines Grenzstreits blockiert. Auch Mazedonien sind wegen eines Streits um den Staatsnamen mit Griechenland Steine in den Weg gelegt.

Streit um Online-Bank "Icesave"

Spindelegger betonte, Island sei "sicherlich durch seine Mitgliedschaft in der EFTA in der Lage und bereit, die Voraussetzungen für einen Beitritt zu erfüllen". "Aber wir sind auch in Verhandlungen mit Kroatien und wir Österreicher wollen, dass Kroatien gemeinsam mit Island, aber auch mit Albanien (...) in eine Richtung gelenkt wird, nämlich in Richtung Europäische Union." Finnlands Außenamtschef Alexander Stubb erwiderte: "Jedes Land tritt aufgrund eigener Verdienste bei."

Auch Albanien hat bei der EU ein Beitrittsgesuch eingereicht. Die EU unterstütze "die europäische Perspektive der westlichen Balkan-Länder" voll und werde sich des albanischen Beitrittsgesuchs annehmen, sobald die Wahlen in Albanien abgeschlossen sind", heißt es in den gemeinsamen Schlussfolgerungen der EU-Außenminister.

EU-Diplomaten zufolge stimmten die Niederlande erst nach einem längeren Wortbeitrag zur Auseinandersetzung um die isländische Online-Bank "Icesave" zu. Hintergrund ist, dass die Regierungen von Großbritannien und den Niederlanden 400.000 Kunden der pleite gegangenen Bank nach dem Zusammenbruch im letzten Herbst entschädigt haben. Daraus schuldet Island beiden Ländern insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Die zwischen den Regierungen ausgehandelten Rückzahlungsmodalitäten werden in Island als "unfair" und zu hart kritisiert.

Quelle: ntv.de, dpa

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