Autounfall Jörg Haider ist tot
11.10.2008, 07:36 UhrDer österreichische Rechtspopulist Jörg Haider ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der 58-Jährige war kurz nach 01.15 Uhr morgens auf dem Heimweg von einer Feier am Stadtrand von Klagenfurt von der Straße abgekommen. Er war allein in seinem Dienstwagen unterwegs. Der Kärntner Regierungschef starb an schweren Kopf- und Brustverletzungen. Haiders Tod löst in Österreich bei vielen Politikern Bestürzung aus.
Der Wagen Haiders habe sich neben der Fahrbahn mehrmals überschlagen und sei erst nach etwa 35 Metern zertrümmert zum Stehen gekommen, sagte der Klagenfurter Polizeichef Ernst Frießnegger vor Journalisten. Davor habe das Auto einen Zaun durchbrochen und sei gegen ein Verkehrsschild und einen Betonsockel geprallt. Kurz vor dem Unfall habe Haider ein Auto überholt, sagte Frießnegger. Ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge fuhr Haider viel schneller als erlaubt.
Halswirbelsäule gebrochen
Die Rettungskräfte konnten Haider nicht mehr helfen. Die Notärztin habe Haider mit schwersten Kopfverletzungen angeschnallt im Wagen vorgefunden, sagte der Arzt Thomas Koperna. Die Fahrertür sei abgerissen gewesen. "Die Halswirbelsäule war wahrscheinlich gebrochen und der linke Oberarm war nahezu abgetrennt", sagte Koperna. Weil noch ein "Hauch einer Überlebenschance" bestanden habe, sei Haider ins Krankenhaus gebracht worden. "Dort ist er allerdings tot eingetroffen", sagte Koperna.
Tiefe Bestürzung
Bundespräsident Heinz Fischer würdigte den Kärntner Landeshauptmann als "Politiker mit großen Begabungen", der mit seinem politischen Wirken Begeisterung, aber auch entschiedene Kritik ausgelöst habe. "Es ist eine menschliche Tragödie", fügte er hinzu. Der designierte Bundeskanzler, SPÖ-Chef Werner Faymann, nannte Haider einen "Ausnahmepolitiker", der die Politik in Kärnten und darüber hinaus in ganz Österreich über Jahre hinweg geprägt habe. Vor dem Gebäude der Kärntner Landesregierung in Klagenfurt legen Haider-Anhänger Blumen nieder.
Haiders Vize im Parteivorsitz, Stefan Petzner, brach mehrfach öffentlich in Tränen aus und sprach von einem "Weltuntergang". Haider sei mit ihm am Freitagabend noch bei einer Feier gewesen und habe sich dann auf den Heimweg in die Gemeinde Freistritz gemacht. Dort habe er am Wochenende den 90. Geburtstag seiner Mutter feiern wollen. Haiders Stellvertreter als Landeshauptmann, Gerhard Dörfler, sagte, die Sonne sei in Kärnten vom Himmel gefallen.
"Eine Nuance zu braun"
Dem Ansehen Österreichs schadete Haider mit seinen Äußerungen zur NS-Zeit. So hatte er vor einigen Jahren die Beschäftigungspolitik des Dritten Reichs als "ordentlich" gelobt. Zuletzt trat Haider gemäßigt auf, blieb aber bei seiner Forderung nach einer strikten Begrenzung der Einwanderung nach Österreich und harscher Kritik an der Europäischen Union. Kritische Journalisten bemerkten bezugnehmend auf Haiders stets gebräuntes Gesicht sowie seiner politische Einstellung: "Er war immer eine Nuance zu braun."
Haider hatte "Talent"
In der Politik feierte Haider bei der Parlamentswahl vor knapp zwei Wochen einen Wahlerfolg. Mit Haider als Kanzlerkandidat des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) konnte die Partei ihren Stimmenanteil auf elf Prozent nahezu verdreifachen. Als Landeshauptmann (Ministerpräsident) des südlichen Bundeslandes Kärnten war Haider beliebt. Er hätte alle Chancen gehabt, die Landtagswahl im nächsten Jahr erneut zu gewinnen. In Kärnten regierte er seit fast zehn Jahren.
Haider stand für den Aufstieg der Freiheitlichen Partei (FPÖ) in Österreich. Er übernahm die Partei 1986 und führte sie von Wahlerfolg zu Wahlerfolg und in die Bundesregierung. Mit Haider an der Spitze wurde die FPÖ bei der Parlamentswahl 1999 mit 27 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft des Landes. Die FPÖ regierte mit der konservativen Volkspartei (ÖVP) von 2000 bis 2005. Aus Protest gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ verhängte die EU im Jahr 2000 Sanktionen gegen das Mitglied Österreich, die einige Monate in Kraft blieben.
Im Jahr 2005 spaltete Haider die FPÖ und gründete das BZÖ, das bis 2006 die Koalition mit der ÖVP fortsetzte. FPÖ und BZÖ waren nach der Trennung verfeindet, hatten sich aber vor einigen Tagen angenähert. Zusammen genommen erreichten sie bei der Wahl am 28. September an die 29 Prozent der Stimmen.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich schockiert über Haiders Tod. "Bei aller Auseinandersetzung in den letzten Jahren muss man Jörg Haider hohen Respekt und Anerkennung zollen", sagte Strache.
Haiders schnelle und kurvenreiche Karriere wäre vor 15 Jahren fast schon einmal durch einen Autounfall beendet worden. Im August 1993 verlor er die Kontrolle über seinem weißen BMW und flog mit dem Auto über eine Böschung, der Politiker überlebte den schweren Unfall jedoch leicht verletzt. In der Nacht auf Samstag verließ ihn das Glück. Haider war verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern.
Quelle: ntv.de