Verfassungskrise in Ägypten Kairo: Höchstes Gericht streikt
02.12.2012, 13:34 Uhr
Demonstranten protestieren für ihren Präsidenten Mursi.
(Foto: dpa)
Wie viel Macht soll der Präsident im neuen Ägypten haben? Und wie sehr wird er in seinem Amt vom Verfassungsgericht kontrolliert? Über diese Fragen liefern sich beide Seiten einen erbitterten Machtkampf. Nun legen die Richter die Arbeit nieder. Eigentlich hatten sie bald eine wichtige Entscheidung zu fällen.
Im Ringen um die Machtbalance in Ägypten hat das Verfassungsgericht nach Demonstrationen von Islamisten seine Arbeit auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Proteste seien ein "psychologischer Mordanschlag", hieß es in einer Erklärung des Gerichts.
Die islamistische Partei der Muslimbrüder hatte das Verfassungsgericht zuvor mit Protesten unter Druck gesetzt. Eine Anstehende Entscheidung über die Zulässigkeit der von Islamisten dominierten Verfassunggebenden Versammlung und der zweiten Parlamentskammer vertagte das Gericht auf unbestimmte Zeit.
Mursi zieht Macht an sich
Mehrere Hundert Islamisten hatten am frühen Morgen vor dem Gerichtsgebäude demonstriert und lautstark die "Säuberung der Justiz" gefordert. Die Verfassungsrichter stehen seit der im Juni verfügten Auflösung der ersten Parlamentskammer in der Kritik der Muslimbrüder.
Der Präsident Mohammed Mursi hatte vor Kurzem per Erlass seine Machtbefugnisse ausgeweitet und sie der richterlichen Prüfung entzogen. Mindestens 200.000 Anhänger hatten am Samstag für den Staatschef demonstriert.
Er unterzeichnete zudem die im Eiltempo verabschiedete neue Verfassung, über deren Annahme die Bevölkerung am 15. Dezember entscheiden soll. Die Opposition hat zum Boykott des Referendums aufgerufen.
Quelle: ntv.de, che/rts