Streit um Chroniker-Programme Kassenärzte spielen auf Zeit
03.09.2002, 17:57 UhrTrotz Drängens von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) werden die neuen Behandlungsprogramme für chronisch Kranke womöglich nicht mehr vor der Bundestagswahl starten. Auch nach einem von Schmidt einberufenen Spitzengespräch am Dienstag bekräftigte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) indirekt ihre Haltung, vorerst keine entsprechenden Verträge mit den Kassen zu unterzeichnen.
Der Länderausschuss der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hatte am Wochenende beschlossen, Verträge mit den Kassen zu den Chroniker-Programmen erst dann zu unterschreiben, wenn die "Rechtslage gesichert" sei. Faktisch meint dies einen Stopp bis zur Bundestagswahl.
Schmidt hatte deshalb den KBV-Vorsitzenden Manfred Richter-Reichhelm zu einem Gespräch in ihr Haus einbestellt. Nach dem Gespräch betonte Schmidt, dass die Entscheidung des Länderausschusses für die einzelnen KVen nicht bindend sei. Die Behandlungsprogramme könnten daher starten. Die KBV will allerdings offenbar auf Zeit spielen.
Die neuen Behandlungsprogramme sollen die Versorgung chronisch Kranker verbessern und so zugleich Kosten sparen. Die Union hat bereits angekündigt, dass sie die Rechtsgrundlage für die Behandlungsprogramme bei einem Wahlsieg neu aufrollen will.
Politiker von SPD und Grünen sprachen von einem "Skandal" und warfen der KBV wahltaktische Blockade zu Lasten von chronisch Kranken vor. So wollten Ärzte und Krankenkassen im Bezirk Nordrhein eigentlich am Mittwoch den bundesweit ersten Vertrag über ein Programm für Brustkrebspatientinnen abschließen. Der Termin wurde jedoch kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben. Wegen dieser Verzögerungen würden in Deutschland jeden Tag bis zu zehn Frauen unnötig an Brustkrebs sterben, erklärte die SPD- Abgeordnete Helga Kühn-Mengel.
Quelle: ntv.de