Nach Gauck-Nominierung Koalition ringt um Frieden
22.02.2012, 10:16 UhrDie Auswahl des Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten hat die Brüche in der schwarz-gelben Koalition einmal mehr deutlich werden lassen. Doch Union und FDP wollen noch bis September 2013 zusammen regieren. Deshalb wird die FDP vor künftigen Alleingängen gewarnt.
Spitzenvertreter von Union und FDP haben versucht, die Wogen nach dem Koalitionskrach zu glätten. "Wir haben ja mit der Kandidatur von Herrn Gauck überhaupt keine Probleme, im Gegenteil, wir unterstützen das", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (CSU) im ZDF. Sein Kollege Patrick Döring von der FDP sagte: "Ich würde die Benennung um unser höchstes Amt im Staate nicht als Machtpoker bezeichnen."
CSU-Chef Horst Seehofer zufolge hat die FDP auch keine Retourkutsche von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu befürchten. "Wenn man professionell Politik betreibt, dann darf man sich nicht mit der Vergangenheit beschäftigen - und schon gar nicht mit Nachtreten", sagte Seehofer der "Passauer Neuen Presse". "Nach vorne schauen - das erwarten die Menschen von uns." Wichtig sei bei der Kür Gaucks für die Bevölkerung das Ergebnis "und nicht die Art und Weise, wie in den zwei Tagen diskutiert wurde".
Fragen und Drohungen
"Es gibt durchaus Fragen darüber, wie sich das Verfahren gestaltet hat, aber in der Sache, in der Person, da stehen wir hinter Gauck", sagte Dobrindt hingegen. "Ich glaube, dass er ein guter Bundespräsident für Deutschland ist."
Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl drohte der FDP jedoch mit einem Bruch der Koalition, falls sie sich noch einmal so verhalten sollte wie bei der Gauck-Nominierung. Dass die Liberalen mit ihrem Vorschlag einfach an die Öffentlichkeit gegangen seien, ohne sich vorher intern mit der CDU abzustimmen, sei keine vertrauensbildende Maßnahme gewesen, sagte Strobl im SWR. "Einmal ist das in Ordnung. Ein zweites Mal wird es nicht geben."
Döring bekräftigte: "Wir haben am Ende festgestellt, dass Joachim Gauck uns mit seiner Freiheitsbotschaft am nächsten steht und das auch der Bundeskanzlerin ganz partnerschaftlich mitgeteilt." Innerhalb der schwarz-gelben Koalition hatte es am Sonntag heftigen Streit um den Nachfolgekandidaten des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff gegeben.
Koalition steht
Gauck habe schon bei der vergangenen Wahl große Sympathien bei den Liberalen gehabt. "Es tut auch mal gut, wenn der kleinere Partner den größeren überzeugt", sagte Döring. Er glaube nicht, dass die Personalie negative Auswirkung auf die Regierungs- und Koalitionsarbeit mit der Union habe. "Die Entscheidung für Joachim Gauck hat überhaupt nichts mit Überlegungen für das Wahljahr 2013 zu tun."
Zur Bedeutung der FDP als Koalitionspartner sagte Strobl, er wisse gar nicht, ob sie derzeit mehr bei zwei als bei vier Prozent liege. "Da soll man erst einmal nicht übertreiben." Er gehe aber davon aus, dass die Koalition auch weiterhin reibungslos zusammenarbeiten werde. "Es wäre nicht gut für uns, es wäre nicht gut gegenüber der Verantwortung, die wir auch in Europa als Deutsche haben, wenn jetzt die Koalition bröckeln würde." Mit Gauck habe man eine Persönlichkeit gefunden, die das Amt der Bundespräsidenten in hervorragender Art und Weise ausfüllen werde. Der Kandidat habe ihre volle Unterstützung.
Private Entscheidung
Empfehlungen aus der CSU, Gauck möge doch jetzt seine Lebensgefährtin heiraten, wies Dobrindt entschieden zurück. "Ob jemand und wie jemand verheiratet ist, und wann er heiratet, das ist eine ganze private Entscheidung. Diese Lebensverhältnisse müssen diejenigen Leute besprechen, die es angeht, sonst niemand, da geben wir überhaupt keine Ratschläge."
Gauck ist seit zwölf Jahren mit seiner Lebensgefährtin liiert, von seiner Frau aber nicht geschieden. CSU-Familienpolitiker Norbert Geis hatte gefordert, .
Quelle: ntv.de, sba/dpa/AFP