Soldaten umstellen Residenz Lesothos Premier flieht vor Putschisten
31.08.2014, 08:38 Uhr
Südafrika, das den Kleinstaat Lesotho komplett umgibt, will einen Putsch nicht hinnehmen.
(Foto: REUTERS)
Aus Angst um sein Leben flieht der Regierungschef des Mini-Staates Lesotho nach Südafrika. Was ist passiert? Die Armee hat offenbar den Auftrag, einen Putsch durchzuführen. Südafrika ist alarmiert und droht der Enklave von König Letsie III.
Eine Militäraktion hat das chronisch instabile südafrikanische Königreich Lesotho in eine tiefe Krise gestürzt: Regierungschef Tom Thabane warf den Streitkräften vor, ihn von der Macht verdrängt zu haben, und flüchtete aus Angst um sein Leben nach Südafrika. Die südafrikanische Regierung warnte die Generäle in Lesothos Hauptstadt Maseru, ein Putsch werde "nicht hingenommen".
Thabane, der vor zwei Jahren als erster Oppositionspolitiker durch Wahlen an die Spitze der Regierung gelangt war, sagte dem Sender BBC: "Ich wurde nicht vom Volk von der Macht verdrängt, sondern von bewaffneten Streitkräften. Und das ist illegal."
Die Streitkräfte des Kleinstaats, der komplett vom Staatsterritorium Südafrikas umgeben ist, hatten am frühen Morgen die Polizeizentrale und Thabanes Residenz umstellt. Ein Militärsprecher wies Putschvorwürfe jedoch zurück. Die Soldaten seien lediglich ausgerückt, um Polizisten zu entwaffnen, die ihrerseits laut militärischen Geheimdienstinformationen politische Akteure mit Waffen hätten ausrüsten wollen.
Auswärtiges Amt warnt vor Lesotho-Reisen
Allerdings kehrten nicht alle Soldaten in ihre Kasernen zurück. Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte fuhren am Samstagnachmittag mit Polizeiwagen durch die Hauptstadt. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP wurde verfolgt und seine Kamera zerstört, nachdem er Soldaten in der Stadt fotografiert hatte. Das Auswärtige Amt in Berlin empfiehlt, bis auf weitere von Reisen in das Land abzusehen.
Auch die Regionalmacht Südafrika zeigte sich beunruhigt. Das Vorgehen des Militärs trage "Anzeichen eines Staatsstreichs", erklärte die Regierung. Das Außenministerium ließ verlauten, ein nicht verfassungsmäßiger Regierungswechsel werde nicht toleriert. Südafrika rief die Konfliktparteien auf, der Diplomatie eine Chance zu geben.
Wo die Konfliktlinien verlaufen, ist teilweise noch unklar. Sportminister Thesele Maseribane, Chef der an der Regierung beteiligten Basotho National Party (BNP), brachte sich wie Regierungschef Thabane in Sicherheit. Er verdächtigte Vize-Regierungschef Mothetjoa Metsing hinter dem Eingreifen des Militärs. Geheimdienstinformationen deuteten darauf hin.
Metsing führt die Partei Lesotho Congress for Democracy, die seit der Wahl Mitte 2012 an der brüchigen Koalitionsregierung beteiligt ist. Frustriert über einen autoritären Regierungsstil Thabanes, hatte die Partei schon vor Monaten angekündigt, den Ministerpräsidenten stürzen und eine neue Regierung bilden zu wollen. Einer seiner Mitarbeiter sagte indes, Metsing sei bei einer Beerdigung außerhalb der Hauptstadt und habe keine Kenntnisse von den Vorgängen in Maseru.
Mit etwa 2,1 Millionen Einwohnern ist Lesotho, dessen Staatschef der 51-jährige König Letsie III. ist, vollständig von Südafrika umschlossen. Textilfabriken und Diamantenminen sind die einzigen größeren Industriezweige, mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut.
Thabane, Chef der All Basotho Convention, führte seit zwei Jahren eine Koalitionsregierung mit dem Lesotho Congress for Democracy und der Basotho National Party. Er ist der erste frühere Oppositionspolitiker, der in dem Land über Wahlen an die Regierungsspitze gelangte. Die jüngere Geschichte das Königreichs ist von Gewalt geprägt. 1998 kam es nach Wahlausschreitungen zu einer Invasion von Botswana und Südafrika, die die Hauptstadt in Trümmern zurückließ. Auch seither hat es immer wieder politische Gewalt gegeben.
Quelle: ntv.de, nsc/AFP