NATO tötet angeblich Aufständische Libyens Rebellen kommen voran
14.08.2011, 18:31 Uhr
Libysche Rebellen feiern in Sawija.
(Foto: REUTERS)
Die libyschen Rebellen rücken offenbar bis zum Zentrum der strategisch wichtigen Mittelmeerstadt Sawija vor. In der Nähe der Stadt soll die NATO jedoch versehentlich vier Aufständische getötet haben. Derweil warnt die Regierung von Machthaber Gaddafi das Bündnis vor einem Luftangriff auf den Grenzposten Ras Dschedir.
Nach heftigen Kämpfen um die westlibysche Stadt Sawija haben die Rebellen einen Teil der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Die Aufständischen drangen schon am Samstagnachmittag in großer Zahl bis ins Stadtzentrum vor, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Auch heute gingen die Kämpfe mit den Gaddafi-treuen Truppen in der 40 Kilometer südwestlich von Tripolis gelegenen Stadt weiter.

Die NATO soll bei den Kämpfen nahe der Stadt versehentlich einen von den Rebellen eroberten Panzer bombardiert haben.
(Foto: REUTERS)
"Unsere Truppen kontrollieren die westlichen und südlichen Zugänge zur Stadt und sind bis zu drei Kilometer in die Stadt vorgedrungen", sagte Rebellenkommandeur Baschir Ahmed Ali. Scharfschützen auf den Dächern machten aber den Aufständischen weiter schwer zu schaffen. Der Rebellenkommandeur sprach von "vielen Opfern", nannte aber keine konkreten Zahlen.
Die Truppen von Machthaber Muammar al-Gaddafi setzten ihren Beschuss vom Stadtzentrum aus fort. Mehr und mehr Familien flohen in Richtung Sintan südöstlich von Tripolis. Ali zufolge konnten andere Familien wegen der Scharfschützen ihre Häuser nicht verlassen.
Regierungssprecher Mussa Ibrahim hatte Berichte arabischer Fernsehsender, die Rebellen hätten Sawija eingenommen, zurückgewiesen. Die Stadt sei "vollständig" in der Hand der Regierungstruppen.
Bei ihrem Vormarsch auf Sawija eroberten die Rebellen einen Panzer von den Gaddafi-Truppen. Als sie ihn aus der Stadt herausbringen wollten, wurde er offenbar versehentlich bei einem NATO-Luftangriff getroffen. Dabei kamen vier Aufständische ums Leben, wie der AFP-Fotograf berichtete. Die NATO bestätigte zunächst lediglich die Zerstörung zweier Panzer in der Umgebung Sawijas.
Rebellen in Brega
Auch bei ihrem Vormarsch auf die Hafenstadt Brega sind die Rebellen offenbar weiter vorangekommen. Wie einer ihrer Militärsprecher erklärte, eroberten die Aufständischen ein weiteres Wohnviertel und eine Fabrik, in der sich Soldaten von Gaddafi verschanzt hatten. Die Rebellen hatten den wichtigen Ölhafen im März kurzzeitig eingenommen.
Seit April steht die Stadt jedoch wieder unter der Kontrolle von Gaddafis Truppen. Die vollständige Rückeroberung von Brega wäre ein großer Erfolg für die Oppositionellen, da sie Zugriff auf Treibstoffreserven und Zugang zu einer Infrastruktur zum Ölexport erhalten würden.
Regierung warnt die NATO
Laut mehreren Tunesiern haben die Kämpfe mittlerweile auch die tunesische Grenze erfasst. So hätten sich Gaddafis Truppen bei der Stadt Abu Kammasch Gefechte mit den Aufständischen geliefert, erklärte ein Geschäftsmann, der häufig auf der anderen Seite der Grenze unterwegs sei. "Gaddafis Truppen versuchen, den Grenzposten Ras Dschedir unter Kontrolle zu halten", sagte ein weiterer Mann. Die Kämpfe seien heftig gewesen. Nach Angaben eines dritten Augenzeugen rückten die Regierungs-Anhänger mit schwerem Gerät und Panzern an.
Unabhängig von den Berichten warnte die libyische Regierung die NATO vor einem angeblich geplanten Luftangriff auf Ras Dschedir. Sprecher Ibrahim betonte, Tripolis habe Informationen über Pläne für einen "intensiven Beschuss" des Grenzpostens, um "bewaffneten Banden" dabei zu helfen, auf libysches Territorium vorzudringen. Er bezeichnete das angebliche Vorhaben als "sehr gefährlich".
In Ras Dschedir würden tausende Libyer die Grenze überqueren, "darunter auch Frauen und Kinder". Mit einem Luftangriff auf den Grenzposten würde die NATO ein "neues Blutbad" anrichten, so Ibrahim. Damit bezog er sich wahrscheinlich auf den vor wenigen Tagen geäußerten Vorwurf, die NATO habe bei einem Angriff 85 Zivilisten getötet, darunter 33 Kinder. Das Militärbündnis hatte die Behauptung zurückgewiesen.
Über den Grenzübergang Ras Dschedir waren in der vergangenen Monaten tausende Menschen vor den Kämpfen in Libyen nach Tunesien geflohen. Der Hauptgrenzposten zu dem Nachbarland ist aber auch für die mit Sanktionen belegte libysche Regierung strategisch wichtig.
Quelle: ntv.de, AFP