Absolute Mehrheit verfehlt Maoisten Wahlsieger in Nepal
23.04.2008, 16:50 UhrZwei Jahre nach der Entmachtung des Königs haben die Maoisten die Wahl zur verfassunggebenden Versammlung in Nepal klar gewonnen. Nach Auszählung fast aller Stimmen sind die früheren Untergrundkämpfer nach Angaben der Wahlkommission mit 220 Sitzen stärkste Partei geworden. Die absolute Mehrheit von 301 Mandaten haben sie aber verfehlt.
Zweitstärkste Kraft ist mit 108 Sitzen die Kongresspartei von Premierminister Girija Prasad Koirala. An dritter Stelle folgen die Vereinten Marxisten-Leninisten (UML) mit 101 Mandaten. Die Royalisten, die für den Erhalt der Monarchie kämpften, spielen keine wesentliche Rolle.
Bis Mittwochabend waren mehr als 99 Prozent der Stimmen ausgezählt. Lediglich aus einem der 240 Wahlbezirke lagen die Ergebnisse noch nicht vollständig vor.
Ende der Monarchie
Bei der ersten Sitzung der verfassunggebenden Versammlung soll das Gremium die Republik ausrufen und die über 240 Jahre alte Monarchie in Nepal beenden. Die Versammlung wird als eine Art Übergangsparlament arbeiten und eine neue Interimsregierung bestimmen. Erwartet wird, dass Maoisten-Chef Prachanda die Regierung anführt. Die Maoisten haben die sechs Parteien, die außer ihnen bislang an der Übergangsregierung beteiligt sind, aufgefordert, sich auch an einer neuen Koalitionsregierung zu beteiligen.
Die verfassunggebende Versammlung soll unter anderem eine neue Regierungsform für Nepal beschließen. Die Maoisten sprechen sich für ein Präsidialsystem aus. Es wird damit gerechnet, dass die Versammlung zwei Jahre benötigen wird, um eine neue Verfassung zu erarbeiten. Zur Wahl waren 17,6 Millionen Menschen aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent. Kandidaten von 57 Parteien bewarben sich um die insgesamt 601 Sitze. 240 Delegierte wurden direkt gewählt, 335 über Wahllisten der Parteien. Weitere 26 Sitze vergibt die amtierende Übergangsregierung.
Mit der Wahl am 10. April hatten die Bewohner Nepals den Grundstein für ein neues politisches System gelegt. Die Demokratiebewegung hatte König Gyanendra im Frühjahr 2006 gezwungen, das Parlament wieder einzuberufen, das den Monarchen danach entmachtete. Bis dahin hatten die Maoisten zehn Jahre lang gewaltsam gegen die Monarchie gekämpft. Der Konflikt hatte mehr als 13.000 Menschen das Leben gekostet.
Quelle: ntv.de