Busse erreichen Saporischschja Mehr als 3000 Menschen gelingt Flucht aus Mariupol
02.04.2022, 03:14 Uhr
Mariupol steht seit Wochen unter massivem Beschuss russischer Streitkräfte. Die humanitäre Situation in der Stadt ist katastrophal, viele Rettungsversuche sind bereits gescheitert. Nun meldet der ukrainische Präsident Selenskyj, dass Tausende Bewohner in Sicherheit gebracht worden sind.
Aus der belagerten ukrainischen Stadt Mariupol sind nach Angaben von Staatschef Wolodymyr Selenskyj mehr als 3000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. "Heute gab es in drei Regionen humanitäre Korridore: Donezk, Luhansk und Saporischschja", sagte Selenskyj in einer Video-Ansprache. "Uns ist es gelungen, 6266 Menschen zu retten, darunter 3071 Menschen aus Mariupol."
Der ukrainische Präsident führte nicht aus, ob die Menschen aus Mariupol direkt aus der von der russischen Armee eingekesselten Stadt herausgeholt wurden oder sie zunächst auf eigene Faust aus Mariupol flohen und dann in Sicherheit gebracht wurden. Am Freitagabend waren Dutzende Busse mit Zivilisten aus Mariupol sowie anderen Vertriebenen an Bord im 220 Kilometer entfernten Saporischschja eingetroffen. Die Menschen aus Mariupol waren zunächst auf eigene Faust in die von der russischen Armee besetzte Stadt Berdiansk geflohen.
"Ich muss einfach weinen. Ich habe gerade meine Enkelin wiedergesehen", sagte eine Frau namens Olga, die in einem Registrierungszentrum für Flüchtlinge in Saporischschja auf ihre Verwandten wartete. "Worte können nicht beschreiben, wie glücklich ich bin zu sehen, dass sie in Sicherheit ist." Die Familie der Mutter ihrer Enkelin sei noch in Mariupol "und wir wissen nicht, ob sie noch am Leben sind".
160.000 Zivilisten sitzen noch in Mariupol fest
Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk sagte in einem Video bei Telegram, es hätten sich 42 Busse auf den Weg gemacht, um Zivilisten aus Mariupol in Sicherheit zu bringen. Ein AFP-Reporter in Saporischschja sah dort rund 30 Busse. Wereschtschuk versprach den vielen anderen in Mariupol festsitzenden Zivilisten, sich weiter mit aller Kraft um ihre Rettung zu bemühen. "Wir wissen, wie sehr Ihr gerettet werden wollt", sagte die Vize-Regierungschefin. "Jeden Tag werden wir es immer wieder versuchen durchzukommen, bis Ihr eine Chance bekommt, die Stadt zu verlassen, und vor allem, ein Leben in Frieden zu führen."
Mariupol steht seit Wochen unter massivem Beschuss der russischen Streitkräfte. Nach ukrainischen Angaben wurden in der Stadt seit Kriegsbeginn mindestens 5000 Menschen getötet, etwa 160.000 Zivilisten sollen in der weitgehend zerstörten Stadt noch festsitzen. Die humanitäre Situation in der Stadt ist verheerend - die Menschen haben kaum Zugang zu Wasser, Lebensmitteln und Strom.
Eigentlich hatte am Freitag das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zivilisten aus Mariupol nach Saporischschja bringen sollen. Das IKRK bezeichnete es am Abend aber als "unmöglich", die geplante Evakuierungsaktion umzusetzen. Ein IKRK-Team aus neun Mitarbeitern und drei Autos habe Mariupol nicht erreicht. Am Samstag werde ein neuer Versuch gestartet.
"Wir finden keine Adjektive mehr, um den Schrecken zu beschreiben, unter dem die Bewohner von Mariupol leiden", sagte IKRK-Sprecher Ewan Watson. "Die Situation ist entsetzlich und verschlechtert sich."
Quelle: ntv.de, lve/AFP