Angriffslustiger Ex-Botschafter Melnyk twittert auch aus Kiew weiter
20.10.2022, 17:19 Uhr
Andrij Melnyk war sieben Jahre Botschafter der Ukraine in Deutschland - die letzten acht Monate davon besonders wortgewaltig.
(Foto: Michael Kappeler/dpa)
Andrij Melnyk könnte der undiplomatischste Diplomat gewesen sein, der je in Deutschland seinen Dienst tat. Mittlerweile ist er wieder zurück in Kiew. Doch in hiesige Debatten mischt er sich weiter ein.
Seit dem Wochenende ist Andrij Melnyk wieder in der Ukraine. Doch wer dachte, dass es nun vorbei ist mit wortgewaltigen Einlassungen des früheren Botschafters, irrt. Melnyk scheint einfach da weiterzumachen, wo er aufgehört hat. In den vergangenen Tagen twitterte er weiterhin auf Deutsch und mischte in gewohnter Manier in der hiesigen Debatte zur Ukraine mit.
Am Sonntag etwa knöpfte er sich Außenministerin Annalena Baerbock vor. Die hatte gesagt, dass die Luftabwehr für die Ukraine wichtiger sei als deutsche Panzer. Was gut zur Linie der Bundesregierung passt, die Luftabwehrsysteme liefert, aber keine Leopard-Panzer aus heimischer Produktion in die Ukraine schicken will. "Sorry, stimmt nicht ganz", schrieb Melnyk. "BEIDE Waffensysteme sind für die Ukrainer überlebenswichtig." Die Grünen und Baerbock sollten sich bei Kanzler Olaf Scholz dafür einsetzen, "endlich grünes Licht für Leoparde" zu geben.
Am selben Tag wandte er sich mit der gleichen Forderung an Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt. Der hatte bei einem Kongress der Denkfabrik "Das Progressive Zentrum" gesagt, in Deutschland glaube man, die Kampfpanzer seien eine Wunderwaffe. "Lieber Bundesminister", schrieb Melnyk darauf. "Bitte schieben Sie all die Schein-Argumente beiseite. Die Ukraine braucht dringend deutsche Kampfpanzer Leopard, um die okkupierten Gebiete & unsere Landsleute schneller, noch vor dem Wintereinbruch, zu befreien."
Es folgte am Montag ein Aufruf an die Ampelkoalition, Sanktionen gegen den Iran zu erlassen, weil die Islamische Republik an Russland Kampfdrohnen liefert, und ein Tweet an FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff, der sich skeptisch geäußert hatte. Lambsdorff hatte gesagt, Russland steuere die Drohnen, nicht der Iran. "Das Mullah-Regime weiß GANZ genau, was es tut, wenn Teheran diese mörderischen Kamikaze-Drohnen an den Terrorstaat Russland verkauft. Sie töten Schwangere & zerstören Kraftwerke."
An diesem Donnerstag fragte Melnyk nach dem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim für ukrainische Flüchtlinge empört, was Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig tue, um solchen Verbrechen vorzubeugen. "Die politische Hetze wird immer unerträglicher." Doch Melnyk postet auch Eindrücke aus Kiew - etwa von einem Luftalarm und abgefangenen Raketen.
Melnyk war sieben Jahre Botschafter der Ukraine - und erregte die meiste Zeit kein Aufsehen. Das änderte sich mit dem Angriff Russlands auf Melnyks Heimatland. Nach und nach legte er alle diplomatischen Fesseln ab und forderte immer entschlossener mehr Hilfe aus Deutschland ein. Dadurch erlangte er einen gewissen Kultstatus, zog sich aber auch heftige Kritik zu. Sein Nachfolger Oleksii Makeiev ist bislang nicht durch wortgewaltige Einlassungen auf Twitter aufgefallen. Das muss er wohl auch nicht - Melnyk ist ja gewissermaßen noch da.
Quelle: ntv.de, vpe