"2014 ist der Abzugstermin" Merkel verhaspelt sich
12.03.2012, 16:29 Uhr
Im Camp "Marmal" in Masar-i-Scharif trifft Merkel dort stationierte Bundeswehrsoldaten. Vor der Truppe betont sie, dass diese bis 2014 abziehen kann.
(Foto: dpa)
Kanzlerin Merkel besucht deutsche Soldaten in Nordafghanistan und stiftet Verwirrung um den Abzugstermin. Sieht sie zunächst das angepeilte Datum 2014 skeptisch, bekräftigt sie später: Die deutschen Truppen sollen bis 2014 heimkehren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei ihrem Besuch deutscher Soldaten im nordafghanischen Masar-i-Scharif das Jahr 2014 als Abzugstermin bekräftigt. "Wir sind jetzt schon in der Phase der Übergabe in Verantwortung", sagte Merkel. "2014 ist der Abzugstermin." Der Termin sei international vereinbart worden, zuletzt auf der Afghanistan-Konferenz in Bonn Ende vergangenen Jahres, sagte Merkel. Sie hält sich für einen Tag in Nordafghanistan auf.

Im Bundeswehrcamp traf die Kanzlerin auch den Gouverneur der Region Balch, Mohammed Atta.
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Die Kanzlerin relativierte damit erste Äußerungen, in denen sie skeptisch über den Abzugstermin 2014 geklungen hatte. Der politische Versöhnungsprozess mit den Aufständischen habe zwar einige Fortschritte gemacht, er sei aber noch nicht auf einem Stand, bei dem man sagen könne, "wir können heute hier abziehen", hatte Merkel gesagt. "Und deshalb kann ich auch noch nicht sagen, schaffen wir das bis 2013/2014. Der Wille ist da, wir wollen das schaffen, und daran wird gearbeitet." Aus Regierungskreisen hieß es, Merkel habe mit den ersten Äußerungen auf die noch zu bewältigenden Probleme hinweisen wollen. Sie sei in der Frage des Abzugstermins aber nicht skeptisch.
Empörung über Massaker an 16 Zivilisten
Erst einen Tag vor Merkels Besuch hatte ein US-Soldat in der südafghanischen Provinz Kandahar . Das Massaker löste in Afghanistan Wut, Entsetzen und harte Kritik an den ausländischen Truppen aus. Das Parlament in Kabul warnte die internationalen Soldaten: "Die Toleranzgrenze des afghanischen Volkes ist erreicht." Die Abgeordneten in Kabul forderten einen öffentlichen Gerichtsprozess, in dem "die Verantwortlichen vor dem afghanischen Volk verfolgt und verurteilt" werden sollten. Der amerikanische Soldat wurde inzwischen festgenommen. Unter den Ermordeten in der Provinz Kandahar waren neun Kinder, drei Frauen und vier Männer.
Vom Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Scharif aus telefonierte Merkel wegen des Vorfalls mit Präsident Hamid Karsai. Dabei drückte sie dem Präsidenten ihr persönliches Beileid und das der deutschen Bevölkerung anlässlich der "schrecklichen Tat des US-Soldaten" aus. Merkel sagte, Karsai habe in dem Telefonat "noch einmal betont, dass die Leistung der deutschen Soldaten im Rahmen von Isaf außerordentlich geschätzt wird". Das gelte besonders in der Kombination mit dem zivilen Wiederaufbau. Karsai habe sie gebeten, "das den deutschen Soldaten hier auszurichten".
Die Taliban kündigten Vergeltung für das Massaker des US-Soldaten an. "Das Islamische Emirat" versichere den Hinterbliebenen, "dass es sich an den Invasoren und brutalen Mördern für jeden einzelnen Märtyrer rächen wird", teilten die Aufständischen auf ihrer Homepage mit.
US-Täter war vorher dreimal im Irak
Die Internationale Schutztruppe Isaf sicherte zu, dass der Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werde. Das Massaker sei "in seinem dramatischen Ausmaß ein Einzelfall". US-Präsident Barack Obama hatte sich "tief betrübt" über den Vorfall gezeigt. Präsident Hamid Karsai sprach von einem "unverzeihlichen Verbrechen". Knapp drei Wochen nach den Koranverbrennungen durch US-Soldaten belastet der Vorfall das angespannte Verhältnis zwischen Kabul und Washington weiter.
Inzwischen wurden Details zum Ablauf der Mordserie und dem Täter bekannt. Die "New York Times" zitiert Dorfbewohner, die sagten, der Unteroffizier sei von Tür zu Tür gegangen und schließlich in drei verschiedene Häuser eingedrungen. Dort habe er seine Opfer getötet und mehrere der Leichen verbrannt, darunter auch die von vier Mädchen im Alter von unter sechs Jahren.
Die "New York Times" berichtet weiter, der Unteroffizier sei von seiner Basis im Unruhedistrikt Pandschwai aus mehr als eine Meile (1,6 Kilometer) weit zum Tatort gelaufen. Der mutmaßliche Einzeltäter habe sich anschließend ergeben. Bei ihm handele es sich um einen 38-jährigen Feldwebel, der verheiratet sei und zwei Kinder habe. Er sei seit vergangenem Dezember in seinem ersten Afghanistan-Einsatz. Zuvor sei er dreimal im Irak stationiert gewesen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP