Regierungswechsel in Albanien Ministerpräsident akzeptiert Wahlniederlage
27.06.2013, 00:06 Uhr
Als er seinen Rücktritt verkündet, laufen sogar Tränen: Albaniens Regierungschef Berisha räumt die Niederlage seiner Partei ein.
(Foto: REUTERS)
Drei Tage dauert die Auszählung der Stimmzettel nach der Parlamentswahl in Albanien. Drei Tage hofft Regierungschef Berisha noch auf ein Wunder. Erst jetzt gibt er zu, dass seine Partei verloren hat, und tritt vom Vorsitz zurück.
Die oppositionellen Sozialisten haben die Parlamentswahl in Albanien gewonnen. Nach tagelangem Zögern hat Albaniens scheidender Regierungschef Sali Berisha die Niederlage seiner konservativen Partei eingeräumt. "Die Ergebnisse werden von mir und meiner Partei akzeptiert", sagte der 68-Jährige. "Wir haben diese Schlacht verloren, aber Machtwechsel sind für eine Demokratie lebensnotwendig."
Seine Demokraten kamen auf lediglich 56 der 140 Abgeordnetenmandate, die Sozialisten auf 84. Neuer Regierungschef wird nun ihr Spitzenkandidat Edi Rama, einst Bürgermeister von Tirana. "Ich wünsche meinem Kontrahenten viel Glück", sagte Berisha, der sich nach der Wahl drei Tage aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte und damit Befürchtungen schürte, der Regierungswechsel könnte problematisch werden.
"Wir haben diese Wahl verloren und die Verantwortung dafür liegt einzig und allein bei einer Person: bei mir", sagte Berisha. Er trete vom Vorsitz seiner Demokratischen Partei (DP) zurück. Ganz aus der Politik auszuscheiden wolle er aber nicht, sondern als einfaches DP-Mitglied weitermachen. Gleichzeitig beschuldigte er die Linksparteien unter Führung Ramas, die Abstimmung mit unseriösen Versprechungen gewonnen zu haben. Der Ankündigung freier Gesundheitsfürsorge und Steuerermäßigung für fast alle Bürger habe seine Partei nichts entgegensetzen können.
Berisha war Jahrzehnte lang dominierend in Albanien
Schon am Vorabend hatte sich Sozialistenchef Rama zum Sieger erklärt und von Berisha das Eingeständnis seiner Niederlage verlangt. "Lasst uns als einheitliche Nation weiter auf den Platz im geeinten Europa zugehen, den die Albaner Albaniens und des Kosovos verdienen", hatte der 48-Jährige vor begeisterten Anhängern sein Ziel beschrieben. Er rief das tief gespaltene ärmste Land Europas auf, jetzt alle politischen Gräben zuzuschütten und die ruinierte Wirtschaft in Gang zu bringen.
Der konservative Berisha war seit dem Ende der stalinistischen Herrschaft 1991 der dominierende Politiker des 2,8 Millionen Einwohner zählenden Albanien. Die vergangenen acht Jahre war er Regierungschef. Er führte Albanien in die Nato und unternahm erste Schritte in Richtung einer EU-Mitgliedschaft.
Seine Gegner werfen ihm vor, die Demokratie unterminiert sowie Korruption und Organisierter Kriminalität Tür und Tor geöffnet zu haben. Auch offene Wahlfälschungen sollen auf sein Konto gehen. Als Staatspräsident (1992-1997) wurde ihm Mitschuld an den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen gegeben. Als Regierungschef seit 2005 waren er und zahlreiche seiner Minister immer wieder in Korruptionsaffären verstrickt.
Sein erbitterter Widersacher Rama wird jetzt neuer Regierungschef. Der international beachtete Maler hatte als erfolgreicher Bürgermeister der Hauptstadt (2000-2011) Verwaltungserfahrung sammeln können. Kritiker zweifeln an seinem Erfolg als Regierungschef, weil er einige zwielichtige Politiker aus dem Berisha-Lager auf seine Seite gezogen hatte. Die EU sieht den Ablauf der Wahl als wichtigen Test für Fortschritte auf dem Weg in die Gemeinschaft.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/Reuters