Politik

Nach dem UNICEF-SkandalNeuer Vorstand gewählt

10.04.2008, 23:27 Uhr

Das Kinderhilfswerk war durch Verschwendungsvorwürfe und verschwiegene Provisionen in die Kritik geraten. Tiefpunkt war die Aberkennung des Spendensiegels.

Das Kinderhilfswerk UNICEF Deutschland sucht mit einem neuen Vorstand den Weg aus der tiefsten Vertrauenskrise seiner Geschichte. Die Mitgliederversammlung wählte acht neue Vorstände in das zehnköpfige Gremium.

Es handelt sich um den ehemaligen UN-Sonderbeauftragten Tom Koenigs, den Kuratoriumsvorsitzenden der deutschen Zwangsarbeiterstiftung Dieter Kastrup, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz, die ehemalige schleswig-holsteinische Justizministerin Anne Lütkes, die Unternehmer Peter Krämer und Jürgen Heraeus, Ex-Dressurreiterin Ann Kathrin Linsenhoff und die Journalistin Maria von Welser. Mit Koenigs, Deligöz und Lütkes gehören nun drei Grüne dem UNICEF-Vorstand an.

Der Vorstand wolle an diesem Freitag aus seiner Mitte den neuen UNICEF-Vorsitzenden bestimmen, sagte Krämer. Dem Gremium gehören als sogenannte geborene Mitglieder weiterhin Carmen Creutz und Andrea Flory-Tilgner aus dem UNICEF-Beirat an. Alle anderen früheren Mitglieder hatten ihre Vorstandsämter zur Verfügung gestellt. Das gesamte Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Grünen-Politikerin Kerstin Müller wertete die Wahl als "richtigen Neuanfang". Miriam Gruß (FDP), Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestages, schätzte die Chancen für eine innere und äußere Erneuerung des Kinderhilfswerk als gut ein. "Es geht nun darum, mehr Transparenz zu schaffen", sagte sie. Das betreffe die Entscheidungswege und auch eine genaue Darstellung, wohin Spendengelder fließen.

Zur Vorstandswahlen berechtigt war die mehr als 60-köpfige UNICEF-Mitgliederversammlung, zu der Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien gehören. Vor der Wahl gab es eine mehrstündige Aussprache. Es sei unter anderem um das "Stück Arroganz" gegangen, durch das Krise nicht schnell gemeistert wurde, berichtete Krämer. Es habe Kritik an einer selbstherrlichen Geschäftsführung und am unsensiblen Umgang mit den ersten Vorwürfen gegeben. "UNICEF war erfolgsverwöhnt und hat sich darauf ausgeruht", ergänzte Krämer.

Auch UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen hatte zuvor kritisiert, dass die Führungskrise nicht rechtzeitig eingedämmt worden sei. Das habe sie wütend gemacht. Entscheidend für ihr weiteres Engagement sei gewesen, dass keine Spendengelder veruntreut wurden. Der abgewählte Interims-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit sprach von "echten Fehlern", wies den Begriff Affäre aber zurück.

UNICEF Deutschland war durch Verschwendungsvorwürfe und verschwiegene Provisionen von November an in die Krise geraten. Tiefpunkt war die Aberkennung des Spendensiegels im Februar. Es bürgt für Seriosität und kann frühestens 2010 wiedererlangt werden. Im Zuge der UNICEF-Krise waren sowohl die Vorsitzende Heide Simonis als auch der Geschäftsführer Dietrich Garlichs zurückgetreten. Die Spendeneinnahmen gingen um 20 Prozent zurück.