Sterbehilfe-Gesetz im Bundestag Nur das Gewissen entscheidet
20.01.2014, 11:40 Uhr
Welche Hilfe beim Sterben erlaubt sein darf, ist eine bioethische Frage.
(Foto: picture alliance / dpa)
Noch gibt es in Deutschland kein Gesetz, das die Sterbehilfe bei unheilbaren Krankheiten regelt. Doch die Große Koalition will das ändern. Um der existenziellen Frage gerecht zu werden, die das Gesetz regelt, sollen die Partei- und Fraktionsgrenzen aufgehoben werden.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags sollen bei dem geplanten Gesetz zur Sterbehilfe keiner Fraktionsdisziplin unterworfen werden. Darüber bestehe Einigkeit mit Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zwischen ihm und Maas gebe es "keinen Dissens" in dieser Frage, sagte Gröhe. "Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass dieses existentielle Thema im Parlament breit diskutiert und entschieden werden soll."
Das Thema sei bedrängend, weil es "existenzielle Fragen" berühre, sagte der CDU-Politiker. "Jeder Abgeordnete wird hier dem eigenen Gewissen folgen." Er könne sich vorstellen, dass noch in diesem Jahr ein Gesetz verabschiedet werde. Der Gesundheitsminister sprach sich dabei für ein gesetzliches Verbot jeder Form der organisierten Selbsttötungshilfe aus. Nicht nur die erwerbsmäßige, sondern auch die organisierte Sterbehilfe, die nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist, müsse verboten werden.
Wenn die Selbsttötung "als eine Behandlungsvariante neben schmerzlindernde Medizin und andere Hilfen" trete, tangiere das "unsere gesamte Werteordnung", sagte der CDU-Politiker. Auch einen ärztlich assistierten Suizid lehnt Gröhe ab. Dadurch werde "das auf Lebenserhaltung ausgerichtete Arztbild in unserer Gesellschaft insgesamt erschüttert". Der Arzt habe die Aufgabe, Leben zu schützen, betonte Gröhe. "Daran möchte ich unbedingt festhalten."
Mehrheit für Sterbehilfe
Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind nach einer aktuellen Umfrage für Sterbehilfe. Bei einer schweren Erkrankung möchten 70 Prozent der Befragten die Möglichkeit haben, etwa auf ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung zurückzugreifen, wie die Krankenkasse DAK-Gesundheit in Hamburg jüngst mitteilte. 22 Prozent der Befragten lehnen dies für sich ab. Ostdeutsche (82 Prozent) wünschen sich häufiger die Möglichkeit der Sterbehilfe als Westdeutsche (67). Die Kasse hat die repräsentative Forsa-Studie mit 1005 Befragten in Auftrag gegeben.
In der Umfrage wurde nach aktiver Sterbehilfe gefragt. Damit ist der Definition nach die Tötung auf Verlangen gemeint, also etwa die Verabreichung eines tödlichen Medikaments. In Deutschland wird seit längerem über eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe debattiert. Aktive Sterbehilfe, die sogenannte Tötung auf Verlangen, ist in der Bundesrepublik verboten.
Ein Gesetzentwurf der ehemaligen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der ein Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe gegen Geldzahlung vorsah, war zuletzt gescheitert. Danach sollten Angehörige und andere nahestehende Menschen straffrei bleiben, die einen Sterbewilligen auf dem Weg zum Sterbehelfer begleiten. Innerhalb der EU ist Sterbehilfe in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt.
Quelle: ntv.de, sba/dpa