Verfassungsrichter sollen sich beeilen Politiker befürchten "lange Bank"
11.07.2012, 09:48 UhrBundesfinanzminister Schäuble pocht auf eine baldige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Gesetze zur Euro-Rettung. Er hoffe, dass diese nicht erst im Herbst falle. Die Krisenanfälligkeit für die Eurozone als Ganzes sei sehr hoch. Ähnlich äußert sich der Wirtschaftsexperte Bofinger.
Jetzt soll es offenbar doch ganz schnell gehen. Obgleich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ihre Politiker-Kollegen mahnte, keinen Druck auf das Bundesverfassungsgericht bei der Entscheidung über die Euro-Rettung auszuüben, halten sich die Angesprochenen nicht daran. Zu ihnen gehört Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der die Richter zur Eile mahnt und hofft, dass die Entscheidung nicht erst im Herbst falle.
Auch der Wirtschaftsexperte Peter Bofinger warnte das Bundesverfassungsgericht davor, die Entscheidung über die Eilanträge gegen den Euro-Rettungsschirm ESM zu lange hinauszuzögern. "Wir haben jetzt schon eine sehr labile Situation im Euro-Raum. Die Risikoaufschläge für Spanien erreichen wieder eine sehr kritische Höhe", sagte Bofinger der "Rheinischen Post".
"Würden die Richter den ESM stoppen oder auf die lange Bank schieben, wäre das ein gravierender Schock für den Euro-Raum", sagte Bofinger. Auch der CDU-Politiker Schäuble sieht einer verspäteten Ratifizierung erhebliche Gefahren für die Finanzmärkte und die Stabilität der Eurozone.
"Deswegen haben wir das Gericht gebeten, so rasch wie irgendmöglich zu entscheiden, denn wie sind in einer äußerst kritischen Lage. Die Ansteckungsgefahr für die Eurozone als Ganzes ist sehr hoch", sagte Schäuble. Daran ändere aus seiner Sicht auch die Aussage des Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann nichts, wonach ein späteres Inkrafttreten des ESM von den Finanzmärkten "bereits eingepreist" sei. Daraus zu folgern, dass eine Entscheidung nicht dränge, sei eine "völlig falsche Interpretation".
Karlsruhe will nichts übereilen
Die Verfassungsrichter hatten bei der Verhandlung über Eilanträge gegen die jüngsten Gesetze zur Euro-Rettung signalisiert, dass sie sich für eine Entscheidung länger Zeit nehmen wollen. Eigentlich sollte es in der mündlichen Verhandlung nur um die Eilanträge gehen, und damit um die Frage, ob Bundespräsident Gauck die beiden Ratifizierungsgesetze bis zum Urteil in der Hauptsache unterschreiben darf oder nicht. Ob ESM und Fiskalpakt verfassungsgemäß sind, würde erst in der Hauptsache entschieden, was bis zu neun Monate dauern kann. Wegen der ungeklärten Rechtsfrage verschiebt sich der Start des ESM bereits. Er sollte ursprünglich am 1. Juli startklar sein.
Quelle: ntv.de, dpa