Politik

"Unsinniges Instrument" Praxisgebühr auf dem Prüfstand

Pro Quartal fallen bei einem Zahnarztbesuch 10 Euro an, für andere Ärzte kommen noch einmal zehn Euro hinzu.

Pro Quartal fallen bei einem Zahnarztbesuch 10 Euro an, für andere Ärzte kommen noch einmal zehn Euro hinzu.

(Foto: picture alliance / dpa)

Den Krankenkassen geht es gerade blendend - und nun prüft offenbar die Regierung, die verhasste Praxisgebühr wieder abzuschaffen. Dies fordert auch der Verbraucherzentrale Bundesverband bei n-tv. Auch für private Pflegeversicherungen wird wohl bald Geld gebraucht.

Ein Teil der 19,5 Milliarden Euro schweren Rekordreserve der gesetzlichen Krankenversicherung soll nach Forderungen aus der FDP zur Abschaffung der Praxisgebühr genutzt werden. Gesundheitsminister Daniel Bahr von der FDP überprüft die Gebühr. Die Union lehnt ihre Abschaffung ab.

"Aus den Fraktionen sind verschiedene Vorschläge zur Praxisgebühr in der Welt", sagte ein Bahr-Sprecher in Berlin. "Die Kassen haben zuletzt durch die Praxisgebühr circa 1,99 Milliarden Euro eingenommen", ergänzte er.

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung steht für Bahrs Ministerium fest, dass die Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal ihre Lenkungswirkung hin zu weniger Arztbesuchen verfehlt hat.

Aus der FDP hieß es laut "Spiegel": "Man war sich am Ende im Präsidium (...) einig, die Abschaffung der Praxisgebühr ins Auge zu fassen." Dies sei jedoch keine Vorentscheidung. Bei der "Bild"-Zeitung forderte FDP-Vorstandsmitglied Florian Rentsch den Koalitionspartner CDU auf, eine Abschaffung der Praxisgebühr nicht zu blockieren.

Verbraucherzentrale fordert Abschaffung

Der Verbraucherzentrale Bundesverband forderte bei n-tv eine Abschaffung der Praxisgebühr. Diese sei ein "unsinniges Instrument", so eine Verbandsprecherin. Die Abschaffung der Gebühr stehe schließlich auch im Koalitionsvertrag. Auch der Steuerzahlerbund und FDP-Politiker hatten zuletzt in dieses Horn gestoßen und sich gegen den Beitrag in Höhe von zehn Euro pro Quartal ausgesprochen.

Die SPD machte darauf aufmerksam, dass bald auch Geld aus dem Bundeshaushalt gebraucht werden könnte, um die von den Liberalen propagierten privaten Zusatzversicherungen für den Pflegefall zu fördern. "Das wäre ein Treppenwitz, wenn man Geld von den gesetzlich Versicherten zugunsten der Rendite-Erwartungen der Privaten Krankenversicherung nimmt", sagte SPD-Fraktionsvize Elke Ferner.

Nach diesem Kalkül könnte Finanzminister Wolfgang Schäuble von der CDU einen Teil der mehr als vier Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds bekommen, die nicht gebunden sind. Im Gegenzug könnte er Daniel Bahr bei den laufenden Verhandlungen über eine steuerliche Förderung von Pflege-Zusatzversicherungen entgegenkommen. Wird so ein Modell über Privatversicherungen verwirklicht, könnte am Ende das Geld teils dort landen.

Branche sucht nach Entlastung

Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion wies dies zurück. "Die von Elke Ferner aufgeworfene Weiterleitung von Versichertengeldern an die PKV ist nicht mehr als eine abstruse Unterstellung", sagte Christine Aschenberg-Dugnus.

Die private Krankenversicherung steht unter anderem deshalb unter Druck, weil junge Mitglieder mit niedrigen Prämien angeworben werden. So können aber keine großen Rückstellungen fürs Alter angesammelt werden. Außerdem steigen die Kosten für Ärzte und Kliniken. Deshalb steigen auch die Beiträge teils erheblich. Die Branche sucht auf verschiedenen Feldern nach Entlastungen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädierte für eine Beitragsreform bei den gesetzlichen Kassen. 50 Kassen könnten den Beitrag sofort senken. "Dadurch wären auch die hohen Überschüsse schnell verschwunden", sagte Lauterbach der "Saarbrücker Zeitung".

Gesetzliche Krankenkassen sollen laut einem Bericht unterdessen stärker als bisher unter das Wettbewerbsrecht fallen und vom Bundeskartellamt beaufsichtigt werden. Dies sehe ein Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums vor, berichtete die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Quelle: ntv.de, ghö/mbo/dpa

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