In der Gewalt der Aufständischen Putsch in der Elfenbeinküste
19.09.2002, 08:53 UhrEine blutige Militärrevolte hat die westafrikanische Elfenbeinküste erschüttert. Mehr als zehn Soldaten wurden nach Angaben der Armee getötet und Dutzende verletzt, als regierungstreue Truppen am Donnerstag Kasernen am Regierungssitz Abidjan und im nördlichen Kouna von den Aufständischen zurückeroberten.
Die Meuterer brachten mit Bouak die zweitgrößte Stadt im Zentrum des Landes in ihre Gewalt. Mit der Revolte protestierten hunderte Soldaten gegen ihre Entlassung. Ein Sprecher von Staatspräsident Laurent Gbagbo, der sich in Rom aufhielt, machte Ex-Putschgeneral Robert Gue für die Unruhen verantwortlich.
Vor allem die Wirtschaftsmetropole Abidjan wurde in den Morgenstunden von heftigem Feuer aus automatischen Waffen erschüttert. Die Stadt Bouak sei "unter totaler Kontrolle der Angreifer", sagte ein Vertreter der Stadtverwaltung. Zwei Politiker seien entführt worden. Der Befehlshaber von Bouak, Generalleutnant Dagrou Loula, wurde laut Verteidigungsministerium von Aufständischen getötet. Auch in Korhogo im Norden des Landes waren Schießereien zu hören.
Am Nachmittag verkündeten die Regierungstruppen die Rückeroberung der wichtigsten Kaserne in Abidjan, von der die Rebellion ausgegangen war. 500 bis 600 Aufständische hätten die Soldaten zuvor wiederholt mit automatischen und schweren Waffen angegriffen. Auch die Militärschule am Regierungssitz sei befreit worden. Schwer bewaffnete Soldaten sicherten die Einrichtungen.
Präsident Gbagbo in Rom
Hinter den Unruhen stecke der frühere Putschgeneral Gue, sagte der Sprecher von Präsident Gbagbo. Der General hatte sich vor drei Jahren im ersten Militärputsch in dem seit vier Jahrzehnten unabhängigen Land an die Macht gebracht. Nach blutigen Protesten wurde er im Jahr darauf in demokratischen Wahlen von Gbagbo abgelöst. Gbagbo wurde am Freitag zu einer Audienz bei Papst Johannes Paul II. erwartet. Seine für Donnerstag geplanten Termine sagte er ab, wollte zunächst jedoch nicht die Heimreise antreten.
Auch Verteidigungsminister Mose Lida Kouassi sprach in Abidjan von einem möglichen Putschversuch. Dafür gebe es Anzeichen, sagte Kouassi gegenüber AFP. Bislang gehe die Regierung aber von einer Meuterei aus. Rund 280 Soldaten sollten im Dezember demobilisiert werden. Einige von ihnen würden vermutlich von General Gue geführt. Strategische Einrichtungen in Abidjan wie Rundfunksender und Regierungsgebäude waren nicht das Ziel der Schießereien.
1999 hatte es bereits einen Putsch gegeben. Bis dahin galt das Land als Hort der politischen und wirtschaftlichen Stabilität in einer unruhigen Region. Bei umstrittenen Wahlen im Jahr 2000 kam Laurent Gbagbo als Präsident an die Macht. In den folgenden Monaten kam es zu politisch und ethnisch motivierten Auseinandersetzungen, bei denen Hunderte Menschen starben. Erst seit kurzem schien das Land wieder zu etwas politischer Stabilität zu kommen.
Quelle: ntv.de