Politik

Morddrohung gegen Premier Putschversuch in Guinea-Bissau

Im westafrikanischen Guinea-Bissau bringen revoltierende Soldaten Regierungschef Gomes zeitweise in ihre Gewalt und befreien ihren Anführer aus UN-Gewahrsam. "Es sieht nach einem Putsch gegen den Ministerpräsidenten und den Generalstabschef aus", kommentiert ein westlicher Diplomat die Vorgänge in einem der ärmsten Länder der Welt.

Die Lage ist unklar: Menschen versammeln sich nach der Nachricht über einen Militärputsch.

Die Lage ist unklar: Menschen versammeln sich nach der Nachricht über einen Militärputsch.

(Foto: dpa)

Im krisengebeutelten westafrikanischen Guinea-Bissau haben Militärs einen neuen Putschversuch unternommen. Regierungschef Carlos Gomes Junior und der Chef der Streitkräfte Zamora Induta seien von Offizieren festgenommen worden, berichtete die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa unter Berufung auf diplomatische Kreise und internationale Organisationen. Indutas bisheriger Vize, António Indjai, habe das Militärkommando übernommen. Er drohte damit, den Regierungschef töten zu lassen.

Armeechef Induta soll abgesetzt sein (Archivfoto 2009).

Armeechef Induta soll abgesetzt sein (Archivfoto 2009).

(Foto: dpa)

"Es sieht nach einem Putsch gegen den Ministerpräsidenten und den Generalstabschef aus", kommentierte ein westlicher Diplomat die Vorgänge. Auf den Straßen gab es Zusammenstöße zwischen Soldaten und Anhängern von Gomes.

"Wir wollen keinen Putsch mehr"

"Sagt dem Volk, es soll die Straßen räumen und nach Hause gehen. Sonst töte ich Cadogo (Rufname von Gomes Junior)", sagte Indjai vor Journalisten. Vor dem Regierungspalast in Bissau protestierten Hunderte von Menschen gegen die Festnahme des Regierungschefs. "Wir wollen keinen Putsch mehr", skandierten sie nach Augenzeugenberichten. Die Demonstranten attackierten die Soldaten mit Steinen und Stöcken. Warnschüsse in die Luft hätten nur die wenigsten abgeschreckt, hieß es. Seit ihrer Unabhängigkeit 1973 hat die frühere portugiesische Kolonie zahlreiche Umsturzversuche durch das Militär erlebt. Der Kleinstaat gehört zu den ärmsten Ländern der Welt.

Premierminister Gomes soll wieder auf freiem Fuß sein.

Premierminister Gomes soll wieder auf freiem Fuß sein.

(Foto: REUTERS)

Präsident Malam Bacai Sanhá relativierte in einer späten Reaktion die Ereignisse und sprach von einer "Meinungsverschiedenheit unter Militärs". Zu Journalisten sagte das Staatsoberhaupt weiter: "Wir werden arbeiten, um die Lage zu beruhigen und das bestehende Problem zu lösen."

Soldaten hatten Sanhás Vorgänger João Bernardo Vieira am 2. März 2009 ermordet, kurz nachdem der Armeechef des Landes von einer Bombe getötet worden war. Drei Monate später wurde Sanhá zum Präsidenten gewählt.

Gomes offenbar wieder in Residenz

Nach Angaben von Lusa wurde Gomes Junior zunächst zusammen mit Induta im Hauptquartier der Streitkräfte festgehalten. Später sei er in sein Büro gefahren worden, wo er mit Regierungsmitgliedern und Militärs zusammengetroffen sei.

Streit um Ex-Chef der Marine

Die Festnahmen standen den Angaben zufolge in Zusammenhang mit einem Streit um den Ex-Chef der Marine, José Américo Bubo Na Tchute, der als politischer Freund von Indjai und als Gegner Indutas gilt. Der Ex-Marinechef sei von Militärs mit Waffengewalt aus dem Quartier der Friedensmission der Vereinten Nationen (UNOGBIS) in Bissau geholt worden, wo er nach seiner Rückkehr aus dem Exil Zuflucht gefunden hatte, berichtete Lusa.

Na Tchute wird beschuldigt, vor zwei Jahren einen Putsch gegen den damaligen Präsidenten Vieira angeführt zu haben. Er war Ende vorigen Jahres als Fischer verkleidet in einem Kanu aus dem benachbarten Gambia nach Guinea-Bissau zurückgekehrt. Er hielt sich seitdem im UN-Büro auf. Eine im Januar vereinbarte Übergabe an die Regierung kam nie zustande.

Er sagte nun, Gomes Junior und Induta müssten sich wegen Verbrechen gegen die Bevölkerung vor Gericht verantworten. Er sei bereit, für seine Sache "Grausamkeiten zu begehen".

Das seit September 1973 von Portugal unabhängige Guinea-Bissau hat etwa 1,5 Millionen Einwohner und gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Das westafrikanische Land lebt vornehmlich vom Export von Cashew- und Erdnüssen sowie dem Abbau von Phosphat und Bauxit. Das Bruttoinlandsprodukt lag 2008 bei schätzungsweise 461 Millionen Dollar. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes lebten Ende 2009 rund 25 Deutsche in dem Entwicklungsland.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen