Ost-Timor am Tag eins Regierung vereidigt
20.05.2002, 11:53 UhrDer am Sonntag gegründete Staat Ost-Timor hat seit Montag auch eine vereidigte Regierung. Neuer Ministerpräsident ist Mari Alkatiri. Das Parlament kam in der Hauptstadt Dili zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Damit nahm der neue Staat seine regulären Amtsgeschäfte auf. Die USA kündigten bereits die baldige Aufnahme diplomatischer Beziehungen an.
UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte am Sonntag um Mitternacht (Ortszeit) in Dili letztmalig die Fahne der UN-Übergangsverwaltung einholen lassen. Nun wurde unter dem Jubel zehntausender Zuschauer die neue rot-schwarz-gelbe Staatsflagge gehisst, wobei die Nationalhymne erklang.
Ost-Timor, nach seiner Fläche etwa so groß wie Schleswig-Holstein, ist nach UN-Angaben ärmstes Land Asiens. Annan sagte: "Ich beglückwünsche Euch, Volk von Ost-Timor, zu dem Mut und der Ausdauer, die ihr gezeigt habt."
In Dili und in vielen anderen Städten der Halbinsel sind Straßen und Plätze aus Anlass der Unabhängigkeit mit der neuen Flagge geschmückt: ein gelber und schwarzer Keil auf rotem Grund mit einem weißen Stern.
Mehr als 400 Jahren portugiesischer Kolonialherrschaft folgten von 1975 an 24 Jahre Besatzung durch Indonesien. Im August 1999 hatte sich die Bevölkerung in einem UN-Referendum mit überwältigender Mehrheit für eine Loslösung von Jakarta ausgesprochen. Pro-indonesische Milizen überzogen die Inselhälfte daraufhin mit einer Terrorwelle, der rund tausend Menschen zum Opfer fielen. Seit Oktober 1999 stand Ost-Timor unter Verwaltung der Vereinten Nationen.
UN-Generalsekretär Annan rief bei der Unabhängigkeitsfeier die neue Regierung Ost-Timors auf, sich konsequent dem Kampf gegen Armut und Ungerechtigkeit zu widmen. Er versprach weitere Unterstützung durch die Vereinten Nationen auch nach der Unabhängigkeitserklärung.
Ost-Timors noch in der Nacht vereidigter Präsident, der frühere Unabhängigkeitskämpfer Xanana Gusmao, sprach sich für die Aussöhnung mit Indonesien aus. Die Zeit der Besatzung und Annexion als 27. Provinz sei ein "historischer Fehler" gewesen, sagte er.
Neben mehr als 800 Regierungsvertretern und hohen Beamten aus über 90 Ländern nahm nach langem Zögern auch die indonesische Präsidentin Megawati Sukarnoputri an den Feierlichkeiten in Dili teil, wo sie mit Beifall begrüßt wurde. Am Wochenende war es zu diplomatischen Spannungen gekommen, nachdem sechs indonesische Kriegsschiffe unbefugt in ost-timoresische Gewässer eingefahren waren.
Gusmao war am 17. April 2002 offiziell zum Sieger der ersten Präsidentenwahl in Ost-Timor erklärt worden. Er hatte 82,7 Prozent der Stimmen erreicht. Auf seinen Herausforderer Francisco Xavier do Amaral entfielen 17,3 Prozent der Stimmen.
Quelle: ntv.de