Brüderle soll Fraktionschef werden Rösler greift nach Wirtschaftsministerium
09.05.2011, 18:16 Uhr
Brüderle macht den Weg frei: Rösler scheint einen Weg gefunden zu haben, das ungeliebte Gesundheitsministerium loszuwerden.
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Im Machtkampf bei der FDP zeichnet sich eine überraschende Lösung ab: Parteivize Brüderle ist offenbar bereit, den Fraktionsvorsitz zu übernehmen und damit dem designierten Parteichef Rösler das Wirtschaftsministerium zu überlassen. Gesundheitsminister könnte NRW-Landeschef Bahr werden. Allerdings hängt alles an der Noch-Fraktionschefin Homburger.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle steht offenbar vor dem Wechsel an die Spitze der FDP-Bundestagsfraktion. Der 65-Jährige stellt nach Angaben aus der Parteiführung allerdings zur Bedingung, dass die amtierende Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger ihren Verzicht auf eine weitere Amtszeit erklärt. Der designierte FDP-Chef Philipp Rösler könnte dann als Minister vom Gesundheits- ins Wirtschaftsressort wechseln. Neuer Chef im Gesundheitsministerium könnte Röslers bisheriger Staatssekretär Daniel Bahr werden. Auch der Streit über Brüderles Verbleib in der Parteiführung wäre damit gelöst. Er ist einer von drei stellvertretenden Parteivorsitzenden, viele Liberale fordern aber seine Ablösung an der FDP-Spitze.
Neuer Fraktionschef? Brüderle scheint bereit, für dieses Amt seinen Ministerposten zu räumen.
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Nach Informationen der Nachrichtenagentur ist Brüderle nicht bereit, sich auf eine Kampfabstimmung gegen Homburger einzulassen. Andere Medien berichten bereits, sein Wechsel stehe bereits fest, weil Homburger nicht mehr antreten wolle. Nach Angaben aus dem Umfeld Homburgers ist aber noch keine Entscheidung gefallen. Die Gespräche dauerten an und würden auch am Dienstag noch fortgesetzt, hieß es aus der Umgebung der Fraktionsvorsitzenden. Dann soll die Wahl stattfinden.
Homburger könnte nach Angaben aus Koalitionskreisen Staatsministerin im Auswärtigen Amt werden, um die Rochade doch noch zu ermöglichen. Die 46-jährige Homburger steht seit Oktober 2009 an der Spitze der 93 FDP-Bundestagsabgeordneten.
Homburger schweigt
Der Machtkampf um das künftige Personaltableau hatte sich im Lauf des Tages zugespitzt. Homburger steht massiv unter Druck, ihr Amt abzugeben. Nach einer Klausur der FDP-Bundestagsfraktion verzichtete sie überraschend darauf, sich zu ihrer Zukunft zu äußern. Eine Pressekonferenz wurde von ihr zunächst verschoben, dann abgesagt. Einer Sitzung des Fraktionsvorstands blieb sie dann fern.
Homburger wird eine Mitschuld am schlechten Abschneiden der FDP in ihren einstigen Hochburgen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz und am anhaltenden Umfragetief gegeben. Am Samstag war sie auf einem Landesparteitag in Stuttgart im zweiten Wahlgang nur knapp als Vorsitzende der Südwest-FDP bestätigt worden.
"Mit allem zu rechnen"
Vor der Klausursitzung hatte sich die Fraktion gespalten gezeigt, was Homburgers künftige Rolle angeht. Der FDP-Abgeordnete Patrick Kurth sagte, er fände es "gar nicht so falsch", wenn bei der Neuwahl mehrere Kandidaten für den Vorsitz zur Auswahl stünden. Auf der Klausursitzung sei "mit allem zu rechnen". Kurths Fraktionskollege Martin Lindner würdigte Homburgers Entscheidung zur Neuwahl der Fraktionsspitze als "mutigen Schritt". Er forderte Homburgers Kritiker auf, aus der Deckung zu kommen: Sie sollten ihre Kandidatur für den Fraktionsvorsitz offen erklären.
Die frühere FDP-Spitzenpolitikerin Hildegard Hamm-Brücher riet den Liberalen angesichts der Reformdebatte zu tiefgreifenden Veränderungen. Mit "ein paar wenigen optischen Kurskorrekturen" sei die Krise der Partei nicht zu überwinden, sagte Hamm-Brücher der "Frankfurter Rundschau". "In der heutigen FDP sind die jungen Leute lammfromm, sie drängen nicht auf inhaltliche Veränderung." Hamm-Brücher hatte 2002 die FDP wegen antisemitischer Äußerungen ihres Parteikollegen Jürgen Möllemann verlassen.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts