FDP bekommt einen neuen Chef Rösler will für Glaubwürdigkeit sorgen
05.04.2011, 15:38 Uhr
Die FDP will mit Rösler an der Spitze eine neue Ära einleiten.
(Foto: REUTERS)
Guido Westerwelle geht als FDP-Chef, das Ruder übernimmt Philipp Rösler. Das Kabinett soll nicht umgebildet werden. Die Union versichert: Der Wechsel soll die Zusammenarbeit im schwarz-gelben Regierungsbündnis nicht trüben.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler will die FDP als neuer Parteichef aus der Krise führen. Der 38-Jährige meldete auf der Präsidiumssitzung in Berlin seine Kandidatur für die Nachfolge von Guido Westerwelle im Parteivorsitz an. Begleitet wurde die Neuordnung der Führungsebene von anhaltenden parteiinternen Schuldzuweisungen und Rücktrittsforderungen.
Rösler will dafür sorgen, dass die Liberalen wieder an Glaubwürdigkeit gewinnen. Er engagiere sich mit Freude für die liberale Sache und werde vorschlagen, Christian Lindner als Generalsekretär zu wählen. Rösler betonte, seine Entscheidung zur Kandidatur als Parteichef könne nur ein erster Schritt sein zur inhaltlichen und personellen Erneuerung der Partei. Daran werde er in den nächsten Wochen intensiv arbeiten. Die FDP brauche eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Politikern. Ziel sei, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
Weitere Personalentscheidungen wurden nach Parteiangaben auf der Sitzung des FDP-Präsidiums mit den Vorsitzenden der Landesverbände zunächst nicht getroffen.
Die Beratungen in Berlin waren von öffentlich vorgetragenen Unmutsäußerungen aus den eigenen Reihen flankiert. Im Zentrum der Diskussion standen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und Fraktionschefin Birgit Homburger. Auch der Verbleib Westerwelles im Amt des Außenministers stieß in Teilen der Partei auf Kritik.
Brüderle gibt Posten nicht ab
Brüderle machte seine "feste Absicht" kund, sein Ministerium behalten zu wollen. Aufforderungen zum Amtsverzicht richteten an ihn Bayerns FDP-Fraktionschef Thomas Hacker und der schleswig-holsteinische Vize-Ministerpräsident Heiner Garg (FDP). Brüderle habe der Partei mit "ungeschickten Äußerungen" über den Atomausstieg geschadet, so Garg. Hacker forderte Brüderle zum Amtsverzicht auf, um dem möglichen neuen Parteichef Rösler den Wechsel vom Gesundheits- ins Wirtschaftsressort zu ermöglichen.
Debatte um Homburger geht weiter
Als möglicher Nachfolger Homburgers an der Spitze der Fraktion wurde laut "Leipziger Volkszeitung" der Chef der NRW-FDP, Daniel Bahr, gehandelt. Bahr selbst sagte der "Münsterschen Zeitung": "Ich bin gerne bereit, in der Führungsmannschaft meinen Beitrag zu leisten, dass die FDP wieder stärker wird." Er ließ aber offen, in welcher Funktion dies sein werde. Unterstützung für Homburger kam von Bundestags-Vizepräsident Hermann Otto Solms, der ihr einen "einen sehr guten Job" an der Fraktionsspitze bescheinigte.
Westerwelle will bleiben
Zu Westerwelles geplantem Verbleib im Auswärtigen Amt sagte der Berliner FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann dem Sender RBB: "Es ist nicht möglich, dass man sich vom Parteivorsitz zurückzieht und dann bis zum Ende der Legislaturperiode auch Bundesaußenminister bleibt." Kritisch dazu äußerte sich nach Angaben aus Parteikreisen in der Sitzung auch der Berliner Landeschef Christoph Meyer. Dagegen habe aber das Präsidium Westerwelles Verbleib in dem Regierungsamt unterstützt, hieß es weiter.
Westerwelle selbst zeigte sich "zuversichtlich, dass diejenigen, die sich anschicken, die Führung zu übernehmen, das packen werden". Er kündigte an: "Ich habe vor, meine Arbeit als Außenminister fortzusetzen."
Rösler betonte hingegen, seine Entscheidung zur Kandidatur als Parteichef könne nur ein erster Schritt sein zur inhaltlichen und personellen Erneuerung der Partei. Daran werde er in den nächsten Wochen intensiv arbeiten. Die FDP brauche eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Politikern. Ziel sei, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
Kritik an "Jugendglauben"
Der Politikwissenschaftler die Liberalen davor, "sich faktisch nur auf Jüngere auszurichten". Die Partei müsse aufpassen, nicht die mittleren und älteren Generationen zu verlieren. "Es gibt einen Jugendglauben in der Politik, der übersieht, dass beispielweise unter den Wählern sehr viel ältere Gruppen sind und dass die FDP Wurzeln in Generationen hat, die sich durch die Jugend möglicherweise nicht repräsentiert fühlen", sagte er.
Neugebauer fordert zudem eine programmatische Neuausrichtung. Da die übrigen Parteien bereits viele liberale Positionen übernommen hätten, müsse die FDP nun Positionen finden, die nur sie vertrete. Dies ginge, indem sie sich beispielsweise für eine klare Markorientierung entscheide. Auch müsse sie jetzt dringend ihr Versprechen auf eine Änderung der Steuertarife durchsetzen, um im Wahlkampf 2013 "wenigsten noch ein kleines Brötchen backen zu können".
CSU hat keine weiteren Fragen
CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier sieht die Koalition trotz der FDP-Personaldebatte handlungsfähig. Die CSU erwartet mit Westerwelles Nachfolger eine gute Zusammenarbeit. "Wir haben eine stabile Koalition. Wir haben keinen Anlass, daran zu Zweifeln, dass unter jeder Führung der FDP an dem Erfolg dieser Koalition gearbeitet wird", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.
Quelle: ntv.de, dpa