Ein Jahr mit Regierungschefin Kraft Rot-Grün in NRW steht gut da
14.07.2011, 15:22 UhrEin Jahr nach ihrem Bestehen kann die Minderheitsregierung in NRW auf stabile Verhältnisse verweisen. Sie nimmt insgesamt 27 Gesetzentwürfe an - genauso viel wie Schwarz-Gelb ein Jahr zuvor, Regierungschefin Kraft gilt als beliebteste Politikerin im Land und im Falle von Neuwahlen hätten SPD und Grüne sogar eine satte Mehrheit.

Kraft zeigt seit einem Jahr, dass auch eine Minderheitsregierung arbeitsfähig sein kann.
(Foto: dpa)
Ein Jahr nach Amtsantritt der rot-grünen Minderheitsregierung in Düsseldorf hat Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) die Handlungsfähigkeit des Bündnisses und seinen Willen zur Fortsetzung der Regierungsarbeit hervorgehoben. "Solange diese Handlungsfähigkeit gegeben ist, werden wir das Land weiter regieren", sagte Kraft in Düsseldorf. Die CDU-Opposition geht hingegen vom vorzeitigen Scheitern der Regierung aus.
Die Ministerpräsidentin bezeichnete ihre Minderheitsregierung im ersten Jahr ihres Bestehens als "genauso handlungsfähig" wie die schwarz-gelbe Vorgängerregierung. Schließlich habe der Landtag in den vergangenen zwölf Monaten 27 von SPD und Grünen eingebrachte Gesetzentwürfe verabschiedet. Genauso viele Anträge seien ein Jahr zuvor nach Einbringung durch die damals mit einer klaren Mehrheit ausgestattete CDU/FDP-Landesregierung verabschiedet worden.
Kraft war am 14. Juli 2010 vom Düsseldorfer Landtag zur Ministerpräsidentin gewählt worden. Nach der Landtagswahl vom Mai 2010 hatten SPD und Grüne nach erfolglosen Sondierungsgesprächen mit den anderen Parteien die erste Minderheitsregierung in der Geschichte des bevölkerungsreichsten Bundeslandes gebildet. Den beiden Parteien fehlt im Landesparlament eine Stimme zur absoluten Mehrheit.
Fakten werden unterschiedlich interpretiert
So habe es im ersten Regierungsjahr von Rot-Grün "bunte Mehrheiten" gegeben, sagte Kraft. Ihren Angaben zufolge wurden von den 27 Gesetzentwürfen elf mit Zustimmung der CDU-Fraktion angenommen, 14 mit den Stimmen der FDP-Fraktion und 16 mit Zustimmung der Linken. Sechs Gesetzentwürfen stimmten alle fünf Fraktionen zu. Im Gegenzug verwies allerdings der CDU-Oppositionschef Karl-Josef Laumann darauf, seine Fraktion habe bei Entscheidungen vor herausragender Bedeutung Rot-Grün nicht unterstützt. "Die Mehrheit der Regierung fußt auf Zustimmung beziehungsweise Enthaltung der Linksfraktion."
Kraft bescheinigte dagegen ihrer Minderheitsregierung eine "stabile und gute" Arbeit. "Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen." Dabei sei auch die Opposition zur Mitarbeit aufgefordert. Als politische Schwerpunkte von Rot-Grün nannte Kraft unter anderem die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Kommunalfinanzen.
Laumann glaubt hingegen nicht, dass die NRW-Minderheitsregierung die restlichen vier Jahre der Legislaturperiode überstehen wird. Den Koalitionären fehle der Gestaltungswille und die Finanzpolitik sei unverantwortlich, sagte der CDU-Oppositionsführer". Kraft werde als "Schuldenkönigin" in die Geschichte Nordrhein-Westfalens eingehen.
Umfrage sieht Rot-Grün stabil
Eine aktuelle Frage sieht Rot und Grün in NRW indes gestärkt. Bei Neuwahlen könnten die Koalitionäre auf eine klare absolute Mehrheit hoffen. Die beiden Regierungsparteien kämen zusammen auf 54 Prozent, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag des "Stern" ergab. Rot-Grün hätte damit rund sieben Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2010. Die CDU müsste sich mit 32 Prozent begnügen, FDP und Linke würden mit drei beziehungsweise vier Prozent den Wiedereinzug in Landtag verpassen.
Auch Kraft etabliert sich mehr und mehr an Rhein und Ruhr. Wenn die Bürger in Nordrhein-Westfalen ihren Ministerpräsidenten direkt wählen könnten, würden sich 51 Prozent für Kraft entscheiden. Der CDU-Landeschef und Bundesumweltminister Norbert Röttgen könnte dagegen nur mit 29 Prozent rechnen.
Rot-Grün kein Einzelfall
Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Landesschulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) erinnerte daran, dass zum Zeitpunkt der NRW-Wahl im Frühjahr 2010 Bremen als einziges Bundesland von einer rot-grünen Koalition regiert wurde. Mit den seither gebildeten SPD/Grünen-Regierungen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie der Bestätigung von Rot-Grün in Bremen bei der jüngsten Bürgerschaftswahl sei innerhalb eines Jahres eine "starke rot-grüne Achse" in der Bundesrepublik entstanden.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP