"Der Bahnhof wird sowieso gebaut" S21-Fahrplan gerät ins Wanken
04.07.2011, 22:21 Uhr
Teilnehmer der Montagsdemo hören den Reden zu, während hinter ihnen eine Karikatur zum Stresstest hängt.
(Foto: dapd)
Der Zeitplan der Deutschen Bahn für das umstrittene Bauprojekt Stuttgart 21 droht zu platzen: Ob der Stresstest-Termin gehalten werden kann, ist Schlichter Geißler zufolge fraglich; eine Verschiebung sei möglich, um dem Aktionsbündnis Zeit zur Prüfung zu geben. Gleichwohl glaubt Geisler nicht, dass der massive Protest das Milliarden-Vorhaben stoppen kann.
Der Termin für die öffentliche Vorstellung der Stresstestergebnisse für den Tiefbahnhof Stuttgart 21 ist wieder offen. Eine Verschiebung sei durchaus denkbar, kündigte Schlichter Heiner Geißler in Stuttgart an. Der ehemalige CDU-Generalsekretär soll die Vorstellung moderieren, die für den 14. Juli geplant ist.
Mit dieser Ankündigung folgte er zum Teil der Kritik des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. Gleichzeitig bezweifelte er in einer Diskussionsrunde in Tübingen, dass die Gegner mit ihrem Protest Erfolg haben könnten. "Der Bahnhof wird sowieso gebaut, das sage ich nur ganz nebenbei."
"Zeit der Basta-Politik ist vorbei"
Zugleich äußerte er Sympathie für den Protest gegen das Großprojekt, insbesondere gegen die Vermittlung durch die Politik. Man könne den Menschen nicht einfach sagen, der Bahnhof wird gebaut, weil die zuständigen Gremien das eben so beschlossen hätten. "Es ist schon immer so gewesen, dass das, was ein Parlament beschlossen hat, immer wieder begründet werden muss."
Generell werde es für die Politik immer wichtiger, die Bürger an der Planung von Großprojekten zu beteiligen. Viele Bürger hätten das Vertrauen verloren, dass politische Entscheidungen im Sinne der Menschen und nicht im Sinne des Kapitals getroffen werden. Parteien, die sich für Bürgerbeteiligung einsetzen, hätten deshalb einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. "Wir werden ganz sicher eine Änderung des Grundgesetzes bekommen und Volksentscheide auch auf Bundesebene erlauben müssen", prognostizierte Geißler. "Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei."
Aktionsbündnis will Zeit zur Prüfung
Die Gegner fordern drei Wochen Zeit, um die Ergebnisse zu prüfen, die ihnen erst vor wenigen Tagen übergeben wurden. Andernfalls drohen sie mit Boykott. Zugleich sehen sie sich durch einen Bericht über geschönte Kalkulationen der Bahn in ihrer Kritik an den Kosten des 4,1 Milliarden Euro teuren Vorhabens bestätigt.
Am Abend trafen sich auch wieder mehr als 1500 Demonstranten zur traditionellen Montagsdemo - der 81. bislang. "Wir müssen jetzt richtig Druck machen", sagte Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis.
Die Bahn besteht auf dem 14. Juli, weil einen Tag später die Vergabefrist für den Filder-Tunnel und einen weiteren Tunnel im Wert von 750 Millionen Euro abläuft. Eine weitere Verzögerung und eine neuerlichen Ausschreibung würde Kosten in Millionenhöhe nach sich ziehen. Zudem sei mit Klagen aus der Wirtschaft zu rechnen. Mit dem Stresstest soll die Bahn nachweisen, dass der geplante Tiefbahnhof zu Spitzenzeiten 30 Prozent leistungsfähiger ist als der bestehende Kopfbahnhof.
Nach Geißlers Worten sind am Donnerstag und möglicherweise am Freitag weitere Treffen vorgesehen; danach werde das Aktionsbündnis erklären, ob ihm die Zeit für eine Prüfung reiche. In den nächsten acht Tagen sollen den Stuttgart-21-Gegnern auch die Resultate des von der Schweizer Verkehrsberatungsfirma sma testierten Stresstests zukommen.
Quelle: ntv.de, dpa